: Drittliga statt Drogba
Ex-Talente von Chelsea, Bagger im Zoo: Die NRW-Clubs in der Regionalliga protzen vor dem Start der Rückrunde
DÜSSELDORF taz ■ Das Stadion ist ausverkauft. Mehr als 50.000 Zuschauer werden am Mittwoch in Düsseldorfs Drittliga-Arena erwartet – allerdings nicht für ein Regionalligaspiel der heimischen Fortuna. Bevor der Traditionsclub am kommenden Samstag sein erstes Spiel der Restrunde gegen Osnabrück austrägt, kickt die Nationalelf am Rhein gegen die Schweiz. Nach diesem Vorspiel erwartet Fortuna am Wochenende ebenfalls eine fünfstellige Kulisse. 20.000 Fans dürften beim Spitzenspiel der Regionalliga Nord dabei sein.
Trotz einer bedenklich langen Pseudo-Winterpause ist die Stimmung bei den NRW-Drittligaclubs ordentlich bis euphorisch. Nicht nur wegen der nahenden Karnevalsfeierlichkeiten wähnt sich Exeuropapokalfinalist Düsseldorf besonders gut gerüstet für die zweite Hälfte der Saison. In der Vorbereitung feierten die Rot-Weißen erbauliche Testspielerfolge gegen Borussia Dortmund und den SV Wehen (Spitzenreiter der Regionalliga Süd). Der Nationalelf Albaniens rang das Team ein 0:0 ab. Selbst die Suche nach einem Offensivspieler war erfolgleich – die etwas überalterte Fortuna-Vorwärtsriege wird durch den 24-jährigen Sebastian Kneißl erneuert. Der vom Zweitligisten Burghausen kommende Mittelfeldspieler galt einst als großes Talent, versuchte sich erfolglos bei Chelsea London und wählte nun eine Zukunft fernab von Drogba und Mourinho.
Beim zweiten NRW-Spitzenteam setzt man derweil auf schweres Gerät. Im alterwürdigen Wuppertaler Stadion am Zoo sind Bagger aufgefahren. Der zugige und weitschweifige Tanker von einem Fußballstadion soll etwas enger und moderner werden. Die gute Nachricht: Schlechter und stimmungsfeindlicher kann diese Spielstätte durch den Umbau gar nicht werden. Das letzte Testspiel gewann der WSV am Samstag mit 3:0 gegen den regionalen Rivalen und Oberligisten Union Solingen. „Die Jungs hatten schwere Beine, weil wir in dieser Woche noch einmal sehr viel getan haben“, sagte Trainer Uwe Fuchs. Noch ein schöner Erfolg und fast ein geographisches Wunder: Der bergische Torwart Christian Maly wurde bei einer Umfrage unter 102 Trainern aus dem Ruhrgebiet zum siebtbesten Revier-Spieler der Hinserie gewählt. Da kann beim Auftaktspiel gegen den HSV II ja eigentlich nichts mehr schief gehen.
Die Drittliga-Historie zeigt, dass in den letzten Jahren fast immer ein NRW-Club einen der beiden Aufstiegsplätze belegte und in die 2. Bundesliga aufrücken durfte (2004 stieg Rot-Weiss Essen auf, 2005 Paderborn, 2006 erneut die zwischenzeitlich wieder relegierten Essener). 2007 könnte ein großes Comeback anstehen: Schafft Düsseldorf zehn Jahre nach dem Bundesligabstieg eine Rückkehr in den Profifußball? Oder gelingt Wuppertal 13 Jahre nach dem Abstieg aus Liga 2 die Wiederbelebung?
Vermutlich weniger mit dem Aufstieg zu tun hat wohl Exzweitligist Rot-Weiss Ahlen (formerly known as: LR Ahlen). Gegen Ende der Hinrunde hatten sich die Münsterländer unter dem neuen Trainer Heiko Bonan sportlich konsolidiert. In der Winterpause verstärkten sich die Westfalen mit ihrem früheren Torwart Dirk Langerbein. Der 35-jährige wechselte aus Essen zurück an die Werse. Auch finanziell geht der Club in die Offensive. Vereinschef Heinz Gosda sagte in der Lokalpresse, man werde gegen den früheren Mäzen Helmut Spikker wegen Altschulden von 833.000 Euro klagen.
Und Sportfreunde Siegen? Der Süd-Regionalligist muss noch warten. Die untere, süddeutsche Hälfte der deutschen Fußball-Drittklassigkeit fängt erst Ende Februar wieder an zu spielen. MARTIN TEIGELER