: Die Spitze des Aluberges
PROZESS Weil sie gegen ein Handgeld halfen, im Mercedes-Werk ein paar Kisten voller Metall zu klauen, müssen drei Männer bis zu 4.800 Euro zahlen
Ob sie sich etwas Geld dazu verdienen wollten, hatte „Momo“ sie gefragt. Immer wieder. Immer wieder andere. Und irgendwann, ja, da haben sie es dann doch gemacht.
Ein nahe liegende Versuchung, womöglich, wenn man als Berufskraftfahrer am Monatsende gerade mal mit gut 1.300 Euro nach Hause geht, so wie damals, 2008, die Herren S., R. und B. Aber doch war allen drei Angeklagten irgendwie „klar“, dass die Sache „nicht ganz in Ordnung“ war. So klar, dass sie am Ende mitunter gar kein Geld mehr dafür wollten. Aber getan haben sie’s trotzdem. Die Staatsanwältin nennt es einen „gewerbsmäßigen Diebstahl“, spricht „von der Spitze eines Eisberges“ bei Mercedes.
Gepresste Aluminiumbleche sollen sie mit verschoben haben, jeweils 600 Teile (jedes davon exakt 3,73 Euro wert) in einer grünen Gitterbox, die nochmals mit 126,75 Euro veranschlagt wird. Im Laufe mehrerer Monate sollen 36 solcher Kisten aus dem Bremer Mercedes-Werk gefahren und sodann bei einer Recycling-Firma verkauft worden sein – zwei, drei, vier Mal auch von den Herren S., R. und B. Gesamtwert: mehr als 85.000 Euro.
Der Mann, der sie dazu angestiftet haben soll, wie die drei übereinstimmend sagen, und denn sie alle nur „Momo“ nennen, weil sie seinen richtigen Namen gar nicht wissen – er hätte neben ihnen auf der Anklagebank sitzen sollen. Doch gegen ihn muss ein andermal verhandelt werden. Er entschwindet, noch ehe die Anklage verlesen ist, braucht erst einen neuen Verteidiger. Dafür ist H. mit angeklagt, obwohl weder die Staatsanwältin noch einer der Zeugen oder Angeklagten irgendetwas gegen H. hatte vorbringen können, lässt man mal den Schichtleiter außen vor, der sagt, es hätte im Grunde jeder gewesen sein können. Am Ende wird H. einen Freispruch bekommen, weil es „von vornherein recht kühn“ war ihn überhaupt anzuklagen, wie sein Anwalt es ausdrückt.
Aufgefallen ist der Diebstahl erst nach Monaten, bei einer Inventur, denn vorher, muss der Schichtleiter zugeben, war das Verwaltungssystem doch recht „undurchsichtig“. Und in der Halle 70 des Mercedes-Werkes, 20.000 Quadratmeter groß, standen die Gitterboxen bis zu fünf Meter hoch aufgestapelt. Da und dort wurden dann immer mal ein paar davon auf einer Tour schnell mit aufgeladen.
Momo, sagen die Angeklagten, hat das alles organisiert. Sie alle machen vor Gericht Bedenken geltend, haben sich aber, wie sie sagen, durch immer neuen Anrufe, „einschüchtern“, „vollschnacken“,„drängeln“ lassen. Für die Gefälligkeit nebst kleinem Umweg gab es dann, anfangs, mal 100, mal 200 oder 250 Euro. Und jetzt eine Geldstrafe wegen einfachen Diebstahls zwischen 480 und fast 4.800 Euro. Letztere für einen, der „etwas näher dran war“ am Tatgeschehen, wie der Amtsrichter sagt. Und auch ohne Anwalt vor Gericht erschien. mnz