Nicht durchschaubarer Wildwuchs

■ betr.: „Seelenheiler liegen wegen Kundschaft im Streit“, taz vom 3.3. 97

Bedauerlicherweise hat Ihre Autorin in oben genanntem Artikel einseitig und unkritisch die Position der BDP-„Erstattungs“-Psychologen übernommen, so daß ihr Bericht als zumindest teilweise unkorrekt und irreführend bezeichnet werden muß.

So stimmt es nicht, daß die KV- anerkannten Psychotherapeuten „nur die Verhaltenstherapie oder eine Psychoanalyse im Angebot“ haben. Psychoanalyse im engeren Sinn gehört – leider – zur Zeit gar nicht zu den Kassenleistungen, es gibt aber ein weites Spektrum von psychoanalytischen Verfahren, angefangen von der Kurzzeitpsychotherapie über die etwas längere tiefenpsychologisch fundierte Therapie bis zur wöchentlich zwei- bis dreistündigen analytischen Psychotherapie über mehrere Jahre. Zusätzlich gibt es noch verschiedene analytische gruppen- und demnächst auch paartherapeutische Verfahren. Auch bei der Verhaltenstherapie gibt es Kurzzeit-, Langzeit- und Gruppentherapie, so daß man sagen kann, daß es hier ein vielfältiges Therapieangebot auf Krankenschein gibt und die Einbeziehung bisher nicht anerkannter oder sogar fragwürdiger Therapieverfahren durchaus entbehrlich ist.

Es stimmt ebenfalls nicht, daß den kassenzugelassenen psychologischen Psychotherapeuten ihre Patienten von ärztlichen Therapeuten „zugespielt“ werden, vielmehr kann sich jeder Patient direkt an einen solchen psychologischen Therapeuten wenden. Erst in einem zweiten Schritt ist bei einer nachfolgenden Kassentherapie im sogenannten Delegationsverfahren die zusätzliche Konsultation eines Arztes nötig.

In einem hat Ihre Autorin allerdings recht. Durch das genannte Sozialgerichtsurteil in Nordrhein- Westfalen und das geplante, dringend notwendige Psychotherapeutengesetz, das den für niemanden durchschaubaren Wildwuchs im Psychomarkt im Interesse der Patienten eindämmen soll, wird für die BDP-Psychologen ohne Ausbildung in Richtlinien-Psychotherapie die Situation schwierig. Es sind aber im Entwurf des Psychotherapeutengesetzes Übergangsregelungen vorgesehen, die einem Großteil von ihnen die Nachqualifizierung ermöglichen sollen, so daß weder sie noch die Patienten in Not geraten. Dr. Frank Roland Deister,

Dipl. Psych., Pressereferent

des Verbands Hessischer

Vertragspsychotherapeuten