Schiff an der Steckdose

EU-Förderschwerpunkt für die kommenden Jahre ist die Zusammenarbeit von Nord- und Ostseeanrainern. Geplant ist zunächst die Koordination des Funkverkehrs und die Versorgung von im Hafen liegenden Schiffen mit Strom statt Diesel

Im Hamburger Hafen bläst die „Queen Mary II“ ungefilterte Dieselwolken in die Luft, in Kaliningrad und St. Petersburg werden im Winter die Fenster aufgerissen, weil Thermostate an den Heizungen nicht vorgesehen sind, bei Schiffsunglücken haben Rettungsdienste verschiedener Länder mit unterschiedlichen Funkfrequenzen zu kämpfen – an und in der Ostsee läuft längst nicht alles rund.

Die EU hat die Kooperation in der Meeresregion darum als wichtiges Thema in der aktuellen Förderperiode bis 2013 vorgesehen. Auch die Nordseeanrainer sollen sich besser abstimmen. Mittendrin: Schleswig-Holstein, das aufgrund seiner Lage zwischen beiden Meeren eine wichtige Rolle spielen will. Gestern fand in Kiel eine Konferenz mit rund 200 Teilnehmern statt, bei der erste Projekte besprochen wurden. Avisiert sind zunächst die bessere Koordination des Funkverkehrs sowie die Verbesserung der Energieeffizienz in Osteuropa. Im Mai folgt ein weiteres Treffen in Hamburg.

Die Stimmung ist gut: Rund 350 Millionen Euro an Fördergeldern, mehr als erwartet, spendiert die EU für Nord- und Ostsee gemeinsam. In der vergangenen Förderperiode, die 2006 endete, entstanden allein im Ostseeraum 129 länderübergreifende Projekte, die mit 125 Millionen Euro subventioniert wurden.

„Diese Dinge sind keine Wolkenschiebereien, sondern nützen etwas“, betonte der Kieler Europaminister Uwe Döring (SPD). Sein liebstes Beispiel: das „Schiff an der Steckdose“. Gemeint ist eine neue Technik, mit der Fähren oder Kreuzfahrer im Hafen Strom von Land beziehen, statt während der gesamten Liegezeit Diesel zu verbrennen (taz berichtete). Das Konzept wurde in den vergangenen Jahren mit EU-Mitteln entwickelt, 2007 soll es umgesetzt werden. Geplant ist zunächst eine Modellanlage in Lübeck. Läuft es dort gut, kann die neue Technik verkauft werden. Die Hamburger Hafencity sei gar nicht denkbar ohne so eine umweltfreundlichere Lösung, so Döring: „Die kriegen nie eine Genehmigung, wenn die Kreuzfahrer direkt neben Wohnhäusern ihre Motoren laufen lassen.“

Rund um die Ostsee sind in den vergangenen Jahren bereits einige Initiativen entstanden, an denen neben den EU-Staaten auch Norwegen, Russland und Weißrussland beteiligt sind. Auch Universitäten arbeiten länderübergreifend zusammen.

Schwieriger ist es mit der Nordsee: Staaten wie Großbritannien schielen eher über den großen Teich, als an die dänische oder norddeutsche Küste. Auch nicht für alle deutschen Regionen hat die Meer-Kooperation Priorität: „Hamburg war bisher kein starker Spieler, aber immerhin an einer Reihe von Projekten beteiligt“, sagt Klaus Rave, Vorstand der Investitionsbank Schleswig-Holstein – sein Haus hat eigene EU-Büros, unterstützt bei Förderanträgen und setzt eigene Ideen um. Der CDU-Politiker Manfred Ritzek riet Kommunen, Vereinen oder Universitäten, keine Angst vor EU-Projekten zu haben: „Es zählen die guten Ideen.“ Esther Geißlinger