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Archiv-Artikel

Günstiger Zugang zu Arznei ist die beste Strategie gegen Fälschungen Kampf für bessere Medizin

Gefälschte Medikamente sind gefährlich. Denn sie bewirken längst nicht das Gleiche wie das Original, manche töten die Patienten sogar. In vielen Entwicklungsländern sind schon bis zu einem Drittel der im Handel angebotenen Arzneien Fälschungen. Schließlich können die Fälschungshersteller gerade dort in großem Stil operieren, wo Medikamente schwer erhältlich oder nicht bezahlbar sind.

Arzneimittel gegen grassierende Krankheiten wie HIV/Aids, Tuberkulose oder Malaria werden in der dritten Welt massenhaft gefälscht. Wer also die Praktiken der Fälscher ernsthaft unterlaufen will, muss nicht nur härtere Kontrollen, sondern auch Preissenkungen für Generika fordern und Patentrechte in Frage stellen. Kein Wort davon steht in der aktuellen Stellungnahme des Bundesgesundheitsministeriums. Doch: Nicht in Nairobi oder Kalkutta produziert etwa der Pharmahersteller Abbott Aidsmedikamente, sondern in Ludwigsburg. Sein neu entwickeltes Medikament Kaletra werden in den nächsten Jahren etwa 1,5 Millionen Menschen weltweit brauchen. Aber die Firma hat sich bisher geweigert, eine preiswerte Variante in Entwicklungsländern auf den Markt zu bringen, obwohl dort der Großteil der Neuerkrankten wohnt.

Abbots Weigerung ist zynisch, aber typisch für eine Branche, der humanitäre Motive fremd sind. Die Pharmaunternehmen argumentieren, dass Investitionen nur zu erwarten sind, wenn die Kosten für Forschung und Entwicklung gedeckt und Profite erwirtschaftet werden können.

Dabei müsste es die Unternehmen kaum stören, wenn sie Aidsmedikamente in Afrika preiswert abgeben oder auf Patentrechte verzichten. Das große Geld wird in Europa und Amerika verdient, hier werden drei Viertel des Umsatzes erwirtschaftet.

Gegen die rein profitorientierten Interessen der Industrie muss die Politik endlich aktiv werden. Dazu sollten deutsche Gesundheitspolitiker ihre devote Haltung gegenüber hiesigen Arbeitgebern aufgeben. Die Industrie muss aktiv durch Anreize oder auch Druck dazu bewegt werden, ihre Preispolitik gesundheitsorientiert zu gestalten. Wenn Pillen überall gut und günstig zu haben sind, werden billige Plagiate von selbst vom Markt verschwinden. ANNA LEHMANN