: Mitreden, obwohl ich keine Ahnung habe
10 schlaue Sätze über den heute Abend stattfindenden Wiener Opernball
„Ich bitte dringend, im Sinne unserer Stilsicherheit, den Opernball nicht zum Nuttenball umzufunktionieren.“ (ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz wies sein Personal an, die Präsenz von Ruby Rubacuori – die Gespielin von Italiens Premierminister Silvio Berlusconi – bei der Berichterstattung zu ignorieren.)
„Die Dame ist und kann daher von uns nicht negiert werden, aber ich bitte jede Lüsternheit in der Berichterstattung zu vermeiden, weil über Geschmack lässt sich in diesem Punkt absolut nicht streiten.“ (Lorenz überschätzt seine Society-Reporter.)
„Ich finde, es ist die größte Peinlichkeit, die der Opernball bisher erlebt hat. Es ist geschmack- und pietätlos.“ (Opernball-Organisatorin Desirée Treichl-Stürgkh, entrüstet ob des unerwarteten Ehrengastes, ist offensichtlich noch sehr neu im Geschäft.)
„Ich finde es pietätlos und traurig, dass Richard Lugner dieses arme Mädchen ausnutzt.“ (Peinlichkeit ist das Geschäft des Baumeisters, der in einem Privatsender in einer Reality-Soap auftritt. Mit der 18-jährigen Ruby hat er einen einmaligen PR-Coup gelandet – Pietät hin oder her.)
„Was ist schon dabei, schließlich hatten sogar schon Päpste Mätressen.“ (Da hat Ruby-Gastgeber Richard Lugner recht. Allerdings ließen sie sich mit diesen nicht am Opernball blicken.)
„Ruby kommt mit ihrem Verlobten und fünf Leibwächtern“. (Die Bodyguards braucht sie, wenn sie aufs Klo muss und dann die Pressemeute über sie herfällt.)
„In der Opernloge gibt es sicher kein Bunga Bunga.“ (ORF-Mitarbeiter ignorieren den Nuttenballerlass und müssen von Baumeister Richard Lugner, der jedes Jahr einen Busenstar zu sich in die Loge einlädt, beruhigt werden.)
„Escort-Girls mit großem Dekolleté entwürdigen den Opernball.“ (Na ja, vielleicht auch nur dann, wenn man weiß, wer sie sind und was sie sonst so machen.)
„Der Wiener Opernball ist auch nicht mehr das, was er einmal war.“ (Stimmt, früher konnte man noch gegen eine kostspielige Inszenierung der Staatskultur demonstrieren, jetzt ist er eine Lachnummer.)
„Heutzutage kann wirklich schon jeder zum exklusivsten Ball des Jahres.“ (Stimmt, tanzen muss man nicht können, man braucht nur eine dicke Börse oder einen solventen Gönner. Aber war das nicht schon immer so?) ■ Ralf Leonhard, gelernter Wiener und Österreich-Ungarn-Korrespondent der taz, war noch nie auf dem Opernball, würde aber für 40.000 Euro selbst mit Richard Lugner die Loge teilen.