Bleiberecht: Debakel für Länder
: Kommentar von Christian Rath

Da waren die Länder platt. Ihre Innenministerkonferenz war mit Spannung erwartet worden – und kurz zuvor bringt die große Koalition das lang diskutierte Bleiberecht für geduldete Flüchtlinge auf den Weg. Als Bundesgesetz. Der Bund nimmt damit das Lenkrad in die Hand und verweist die Länder auf den Beifahrersitz, wo sie auch hingehören.

Eigentlich hätte eine humanitäre Regelung für langjährig geduldete Flüchtlinge schon ins Zuwanderungsgesetz gemusst, das Anfang 2005 in Kraft trat. Auch das war ein Bundesgesetz. Doch der damalige Kompromiss hat nichts getaugt. Es wurde nur denjenigen ein Aufenthaltsrecht versprochen, die unverschuldet nicht abgeschoben werden konnten. Das klang zwar gut, und die SPD schwärmte auch damals, dass die Hälfte der Geduldeten, also rund 100.000 Menschen, einen festen Status bekommen könnten. Tatsächlich aber nutzte die Regelung nur einigen tausend, weil sie von den Ländern sehr eng ausgelegt wurde.

Nun hätte es nahegelegen, das Zuwanderungsgesetz nachzubessern, und der Koalitionsvertrag sah auch eine Überprüfung vor. Doch eine schnelle Einigung hat sich die große Koalition nicht zugetraut. Nur deshalb kamen die Länder ins Spiel. In der Innenministerkonferenz sollten sie sich auf eine großzügige Anwendung des Zuwanderungsgesetzes einigen und diese über Erlasse sofort sicherstellen.

Doch auch diese Hoffnung hat getrogen. Die Länderminister waren weder zu einer großzügigen noch zu einer einstimmigen Einigung fähig. Sie haben ihre Chance gehabt, aber nicht genutzt. Es ist daher nur konsequent und erfreulich, dass nun wieder die Bundespolitiker die Initiative ergriffen haben. Damit es überhaupt vorangeht.

Auch wenn der Koalition ein Überraschungscoup gelungen ist – es hat sich angedeutet, dass eine Bundeslösung nötig wird. Denn die langjährig Geduldeten sollen eine Arbeitserlaubnis erhalten, und dafür ist eine Einigung mit Bundesarbeitsminister Müntefering erforderlich. Dass das Bleiberecht am Ende großzügig ausfällt, ist noch nicht gesichert. Kirchen, Flüchtlingsverbände und engagierte Politiker müssen wachsam bleiben.

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