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Archiv-Artikel

Tote machen Ärger

Mahnwache gegen Gunther von Hagens’ Plastinarium in Guben. Bürgermeister begrüßt die Ansiedlung

Mit einer Mahnwache haben gestern einige Dutzend Menschen im ostbrandenburgischen Guben gegen die Eröffnung einer Werkstatt des umstrittenen Leichenpräparators Gunther von Hagens protestiert. Nach Ansicht des Gubener Pfarrers Michael Domke verstößt die in einem „Schauraum“ vorgesehene Präsentation von Leichenteilen gegen die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde. „Herr von Hagens führt bewusst Tabubrüche herbei und macht ein Geschäft daraus“, sagte Domke. Das ständige Überschreiten von Hemmschwellen führe zu Abstumpfung und Verrohung.

Organisiert wurden die Proteste vom „Aktionsbündnis für Menschenwürde“, das auch eine Verfassungsklage gegen das „Plastinarium“ erwägt. Der Gubener Bürgermeister Klaus-Dieter Hübner begrüßte die Ansiedlung des Plastinariums dagegen. Dies helfe der strukturschwachen Stadt beim Aufbau von neuen Wirtschaftsstrukturen und Tourismus, erklärte der FDP-Politiker.

Von Hagens will in der ehemaligen Tuchfabrik in der Nähe des Gubener Bahnhofs bereits heute mit menschlichen Körperscheiben die ersten Teilpräparate anfertigen lassen. Er bietet auch Besichtigungstouren durch die Fabrik an. In den Umbau der 2.500 Quadratmeter großen Anlage will von Hagens nach eigenen Angaben mindestens 3,5 Millionen Euro investieren und in den kommenden fünf Jahren 200 Arbeitsplätze schaffen. Öffentliche Förderung brauche er nicht, bekräftigte er. Im polnischen Stadtteil Gubin war der Anatom mit ähnlichen Plänen am Widerstand der mehrheitlich katholischen Einwohner gescheitert.

Bekannt wurde von Hagens mit seiner Ausstellung „Körperwelten“, in der unter anderem präparierte Leichenteile und ganze Leichen zu sehen waren. Der Anatom hat nach eigenen Angaben seit 1996 in Heidelberg und im chinesischen Dalian insgesamt 422 Leichname präpariert. Ihm lägen derzeit 6.648 Anmeldungen für Körperspenden vor, davon stammten über 90 Prozent aus Deutschland. Durch die Körperspende entstehen nach Angaben des Präparators den Angehörigen keine Kosten für Überführung und Beerdigung. EPD, AP