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Archiv-Artikel

Britische Hochschulen mit libyschem Geld

SPENDEN Die berühmte London School of Economics hat Forschungsgelder von Gaddafi erhalten. Ihr Direktor ist zurückgetreten

DUBLIN taz | Howard Davies ist von seinem Posten als Direktor der London School of Economics (LSE) zurückgetreten, nachdem bekannt geworden war, dass die Hochschule in Geschäfte mit dem libyschen Regime verwickelt ist. Gaddafi hatte der LSE 2,2 Millionen Pfund vertraglich zugesichert. Dafür sollte die Hochschule 400 junge Libyer zu Führungskräften ausbilden.

„Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es richtig ist zurückzutreten, auch wenn das der Institution, die ich liebe, Schwierigkeiten bereitet“, sagte Davies am Donnerstag. „Ich bin für den Ruf der Schule verantwortlich, und der hat gelitten.“ Die 1895 gegründete LSE ist weltweit führend im Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Sie besitzt die größte Bibliothek der Welt auf diesem Gebiet. Von den 8.000 Studenten stammt nur knapp ein Fünftel aus Großbritannien. Innerhalb der vergangenen sechs Jahre wurde der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften dreimal an Forscher der LSE vergeben. John F. Kennedy, Romano Prodi, David Rockefeller, der norwegische Kronprinz Håkon und Mick Jagger haben dort studiert, ebenso wie 42 aktuelle oder ehemalige Staatsoberhäupter und Regierungschefs – und Saif al-Islam, Gaddafis Sohn.

Der hat das Geschäft mit der LSE eingefädelt. Das Geld wurde teilweise für ein Forschungsprogramm zu Nordafrika verwendet. Alia Brahimi, Dozentin der LSE, hat Saif al-Islam im vergangenen Juli in Griechenland getroffen, um über die Ziele des Programms zu reden. Kurz darauf reiste sie nach Libyen. Vorige Woche wurde das Programm gestoppt. Aus einem von Wikileaks veröffentlichten US-Dossier geht außerdem hervor, dass die britische Regierung in das Geschäft involviert war. Auch andere britische Universitäten sollen demnach von den Gaddafis Geld erhalten haben, doch dafür gibt es bisher keine eindeutigen Belege.

Eine unabhängige Untersuchung unter Leitung von Lord Woolf, dem früheren obersten Richter Großbritanniens, soll nun herausfinden, wie eng die Beziehungen der Schule zum libyschen Regime waren. So hat die LSE 50.000 Pfund für Davies’ Beratung des libyschen Staatsfonds im Jahr 2007 erhalten. Gaddafis Wohlfahrtsorganisation hat 22.857 Pfund für Reisekosten von LSE-Dozenten ausgegeben, die Vorträge in Libyen hielten. Der Untersuchungsausschuss wird auch Saif al-Islams Doktorarbeit unter die Lupe nehmen. Es gibt Behauptungen, dass es sich bei weiten Teilen der 2008 geschriebenen Arbeit um Plagiate handelt. RALF SOTSCHECK