Wenn die Zentralheizung spinnt

Viele Anlagen in Deutschland sind nicht richtig eingestellt, so dass ihr Energieverbrauch unnötig hoch ist. Ein Pumpenhersteller forscht an einer Lösung, die effizienter sein soll. Sie würde den Installateuren die aufwändige Justierarbeit abnehmen, die ohnehin oft vernachlässigt wird

von GERNOT KNÖDLER

Was unterscheidet die Zentralheizung von Omas Kachelofen? Dass es überall im Haus gleichmäßig warm wird. Soweit die Theorie. In der Praxis haben sich Millionen von Hausbesitzern damit abgefunden, dass manche Zimmer glühend heiß werden, sobald das Heizkörperventil aufgedreht wird. In anderen wird es dagegen überhaupt nicht warm.

Hinter diesem Problem steckt zumindest bei neuen Heizungen häufig die Nachlässigkeit der Installateure, die sich beim Einbau der Heizung den vorgeschriebenen „hydraulischen Abgleich“ sparen. Damit kann erreicht werden, dass der Heizkörper, der am weitesten vom Kessel entfernt ist, genauso gut mit Wärme versorgt wird, wie der Radiator, der im Raum nebenan steht. Das spart mächtig Energie. Denn ohne den Abgleich versuchen Installateure und Hausbewohner den entferntesten Heizkörper dadurch warm zu kriegen, dass sie die Kesseltemperatur erhöhen und die Umwälzpumpe mehr schuften lassen als nötig.

Einer Handreichung des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima zufolge ist bei 80 bis 85 Prozent des Gebäudebestands in Deutschland kein hydraulischer Abgleich gemacht worden – und das, obwohl er in der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) vorgeschrieben ist. „Das ist noch nicht so weit bekannt, dass zum Beispiel jedes Wohnungsunternehmen das in seinem Bestand durchführt“, sagt auch Jan Gerbitz vom Zentrum für Bauen, Architektur und Umwelt (Zebau) in Hamburg.

Das Problem entsteht dadurch, dass das Heizwasser, das vom Kessel durch mehrere Heizkörper hin- und wieder zurückfließt, sich den Weg des geringsten Widerstands sucht. Heizkörper, Rohre und Ventile bremsen es, so dass ein großer Anteil des Wassers den ersten Heizkörper durchströmt und von dort gleich wieder zurückfließt. Bei den hinteren Heizkörpern kommt weniger an. Sie bleiben kalt.

Der hydraulische Abgleich reguliert den Zufluss der einzelnen Heizkörper mit einer Drossel so, dass der Widerstand bei allen Heizkörpern gleich groß ist. Bei den entfernten Radiatoren wird die Drossel weit geöffnet, bei den nahen geschlossen. Das System auszubalancieren, ist eine fummelige Arbeit, die den Einsatz von Hirnschmalz verlangt. „Das wird oft nicht gemacht“, bestätigt der Ottenser Heizungsinstallateur Rainer Promann. Viele Architekten kontrollierten das nicht. Oft fehle ihnen die nötige Kompetenz.

„Natürlich sollte jeder Bauherr ein Interesse daran haben, dass das gemacht wird“, sagt Zebau-Berater Gerbitz. Als Test empfiehlt er, nachzusehen, ob die Drossel sich noch in der Grundeinstellung befindet. Wer einen modernen Thermostat abschraubt, findet darunter einen Kranz mit Zahlen, an dem sich die Einstellung der Drossel ablesen lässt.

Auch ein nachträglicher hydraulischer Abgleich amortisiert sich wegen der damit verbundenen Energieeinsparung schnell – ganz abgesehen davon, dass er das Klima schont. Gerbitz rechnet mit einem Arbeitsaufwand von rund vier Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Dafür können beim Heizen direkt fünf bis 15 Prozent Energie gespart werden, bei der Umwälzpumpe bis zu 40 Prozent.

Ein fehlender Abgleich führt der Handreichung zufolge dazu, dass Räume überheizt werden. Die Ventile der stärker durchströmten Radiatoren erzeugen Lärm, weil sie für einen solchen Durchfluss nicht ausgelegt sind. Um das Rauschen abzustellen, drehen die Bewohner den Heizkörper auf. Den Raum temperieren sie dann, indem sie das Fenster aufreißen. Wer mehr heizt, braucht ein heißeres Kesselwasser, wodurch nocheinmal Energie verloren geht. Dazu kommt die Mehrarbeit für die Pumpen, die häufig auch zu groß sind.

„Die Heizungspumpe ist der zweitgrößte Stromverbraucher im Haushalt“, behauptet Michael Fahrig vom Pumpenhersteller Wilo. Wer eine alte Umwälzpumpe durch ein modernes Modell ersetze, könne drei Prozent seines gesamten Strombedarfs sparen. Binnen zwei Jahren spiele eine gute Pumpe ihre Mehrkosten ein. „Eine Dämmung braucht deutlich länger, um sich zu amortisieren“, sagt Fahrig. Auch der Praktiker Promann bestätigt, dass sich der Einbau einer Pumpe, die sich auf den aktuellen Bedarf der Heizkörper einstellt, binnen weniger Jahre lohnen kann.

Wilo forscht an einem Produkt, das dieses Prinzip auf die Spitze treibt: winzigen Pumpen mit einem Watt Leistung, die den Zufluss jedes Heizkörpers individuell regeln. Weil sie nur laufen, wenn sie gebraucht werden, sparen sie noch mehr Strom. Das Produkt sei aber „noch nicht ausgereift“, sagt Fahrig.