: „Mit Stoiber geht es nicht mehr“
CSU-Vorstandsmitglied Gabriele Pauli will ihre Partei zu einer Abwahl von Parteichef Edmund Stoiber bewegen. Sein Image sei nach seinem Berlin-Ausflug nachhaltig angeschlagen. Die Abwahl-Chancen stehen nicht besonders gut
taz: Frau Pauli, die letzten sieben Tage hatten Sie ein Diskussionsforum im Internet mit dem Titel „Stoiber sollte nicht mehr als Ministerpräsident antreten“. Seit heute Nacht können keine neuen Beiträge geschrieben werden. Auf Druck der CSU-Landesleitung?
Gabriele Pauli: Nein, es hat sich niemand bei mir gemeldet. Aber die inzwischen zahlreichen Beiträge – in der letzten Zeit leider auch ein paar arg persönliche – ständig zu kontrollieren ist zeitaufwändig. Überhaupt gibt es inzwischen ein sehr großes – wenn auch nicht repräsentatives – Meinungsbild: Die meisten Teilnehmer stimmen mir zu: Mit Stoiber geht es nicht mehr.
Was stört Sie denn am bayerischen Ministerpräsidenten?
Er ist weiterhin angeschlagen; die Bevölkerung hat ihm seinen Rückzug aus Berlin nicht verziehen. Die Menschen sind immer noch enttäuscht, weil sie erwartet hatten, dass er in Berlin kräftig mithilft. Bei allen früheren Verdiensten schadet sein angeschlagenes Image inzwischen der Partei. Mit Stoiber an der Spitze wird es sehr schwierig, 2008 wieder ein starkes Ergebnis bei der Landtagswahl einzufahren.
Ist das nicht ein fades Nachlegen? Stoiber hat doch öffentlich Buße getan für seine Berlin-Eskapaden, „wie ein Hund“ will er gelitten haben.
Mit diesem Spruch hat er einfach nur der Pflicht Genüge getan, das musste er sagen, um die Wogen zu glätten. In Wirklichkeit läuft Stoiber Gefahr, den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören zu verpassen, er sonnt sich noch in dem Top-Ergebnis der Landtagswahl 2003. Aber das wird sich in der Konstellation nicht wiederholen.
Das liegt doch im Zweifel nicht an der Person allein?
Einige Bereiche der gegenwärtigen Regierungsarbeit werden von vielen Bürgern kritisch gesehen. Das ist auch eine Gefahr für die nächste Landtagswahl. Den Menschen geht die Reformpolitik viel zu schnell, das zeigen auch die Beiträge im Forum. Die Ziele – Verschlankung, Einsparungen und Schulreform – werden zwar geteilt, aber das Tempo stimmt nicht.
Die Geschwindigkeit ist notwendig, um den Freistaat in den Rankings oben zu halten. Sagt Stoiber.
Nichts gegen Geschwindigkeit, aber vieles wird gerade hopplahopp umgesetzt, etwa die Verkürzung des Gymnasiums auf acht Jahre. Und Schule ist auch ein Beispiel, wo am falschen Ende gespart wird. Im Moment geht die bayerische Schulpolitik zu Lasten der Kinder, die müssen Büchergeld ertragen und Lehrermangel.
Und wer soll die Geschäfte statt Stoiber übernehmen? In diesen Monaten drängt sich keiner als Kandidat auf. Im Gegenteil: Beim Parteitag vor ein paar Wochen wurde das Thema Kandidatur bis auf eine Wortmeldung von Ihnen beinahe totgeschwiegen.
Die CSU ist halt keine Revoluzzerpartei und die Solidarität wird groß geschrieben, aber es stehen doch einige bereit. Die wollen sich nur noch nicht verbrennen.
Wie reagieren eigentlich Ihre Kollegen im CSU-Vorstand auf Sie?
Aktiv geht niemand deswegen auf mich zu. Aber das ist auch nicht verwunderlich, die entscheidenden Köpfe im Parteivorstand sind ziemlich deckungsgleich mit dem Kabinett und das wiederum ist abhängig beschäftigt bei Stoiber.
Der Machtmensch und Berufspolitiker Edmund Stoiber wird wohl kaum wegen einer abtrünnigen CSU-Vorständlerin das Handtuch werfen.
Wenn er wirklich auf die Menschen hört, wird er das Überlegen anfangen. Und im März, beim kleinen Parteitag, will ich auch gemeinsam mit Mitgliedern von der Basis einen Antrag stellen, dass der Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten im Urwahlverfahren bestimmt wird. INTERVIEW: MAX HÄGLER