: Lokführer wollen massiv streiken
SCHIENENVERKEHR Bahnkunden müssen sich auf zahlreiche und anhaltende Ausfälle im Zugverkehr einstellen. Lokführer votieren in Urabstimmung für unbefristete Streiks
VON RICHARD ROTHER
Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer in Deutschland müssen sich auf massive und anhaltende Ausfälle im Zugverkehr gefasst machen. Die Mitglieder der Lokführergewerkschaft GDL entschieden sich in einer Urabstimmung mit großer Mehrheit für Arbeitskampfmaßnahmen. Das gab die nicht im DGB organisierte Spartengewerkschaft am Montag bekannt. Demnach votierten mehr als 90 Prozent der Mitglieder für einen Streik; die Wahlbeteiligung betrug 81 Prozent. GDL-Chef Claus Weselsky sprach von einem „deutlichen Signal an alle Arbeitgeber in Eisenbahnverkehrsunternehmen“. Bereits in dieser Woche sollen erste Streiks stattfinden, betroffen sind davon zunächst vor allem Güterbahnen.
Die GDL strebt einen Branchentarifvertrag für alle rund 26.000 Lokführer in Deutschland an. Mit diesem Tarifvertrag, den nicht nur die Deutsche Bahn AG als Marktführer, sondern auch deren private Konkurrenten unterzeichnen sollen, will die Gewerkschaft Lohndumping durch den zunehmenden Wettbewerb in der Branche verhindern. Die Konkurrenzgewerkschaft der GDL, die im DGB vertretene Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), hat bereits einen solchen Branchentarifvertrag für alle Bahner in Deutschland unterzeichnet. Das Ergebnis geht der GDL nicht weit genug, zudem möchte sie sich als Mitspielerin im Tarifpoker der Branche etablieren.
Für die GDL wird das allerdings kein leichtes Unterfangen. Denn die Privatbahnen, die bislang gemeinsam mit der Lokführergewerkschaft verhandelten, haben ihre Tarifgemeinschaft Ende der vergangenen Woche aufgekündigt. Den Lokführern ist damit der Verhandlungspartner abhandengekommen. Diese neue Haltung der Privatbahnen muss allerdings noch nicht das letzte Wort sein. Wenn es der Lokführergewerkschaft gelingt, durch massive Streiks in den privaten Bahnunternehmen genug Druck aufzubauen, könnten diese sich genötigt sehen, sich doch wieder auf einen Branchentarifvertrag einzulassen – oder gleichwertige Haustarifverträge zu unterzeichnen.
Die Auflösung der Verhandlungsgemeinschaft der privaten Nahverkehrsunternehmen sei ein untauglicher Versuch, die sowieso schon komplexe Materie noch stärker zu torpedieren, so die GDL am Montag. Das Ziel, ein einheitliches Einkommensniveau innerhalb des Flächentarifvertrages zu schaffen, sei auch mit dem neuerlichen Arbeitgeber-Schachzug durchsetzbar.
„Wir werden jedes Unternehmen dazu bewegen, das angestrebte einheitliche Einkommensniveau mit uns zu vereinbaren“, sagte Weselsky. Die Deutsche Bahn fühlt sich im Übrigen zu Unrecht von der GDL ins Visier genommen. Sie unterstütze einen Flächentarifvertrag prinzipiell, heißt es. Und auch konkret würden die von der GDL geforderten Entgelte im Bahnkonzern bereits gewährt. Die GDL bestreitet das und spricht von Lohnkürzungen, die ein Eingehen auf das jüngste DB-Angebot bedeuten würde.