: Senatoren verzweifelt gesucht
Rot-Rot unterzeichnet den Koalitionsvertrag und schweigt sich über die künftigen Bildungs- und Justizsenatoren aus. Heute Abend will Klaus Wowereit Namen nennen
Klaus Lederer hat Großes im Sinn. Das rot-rote Bündnis wolle keine Fußnote der Berliner Geschichte sein, sagte der Linkspartei-Landeschef gestern bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages. Im Gegenteil: „Von zehn Jahren an kann man von einer Ära sprechen.“ Ende 2011 wäre es demnach so weit. Doch der Weg des zweiten Bündnisses von SPD und Linkspartei bis dahin wird steinig.
Angesichts der abgewiesenen Verfassungsklage Berlins seien auch in den nächsten fünf Jahren noch schwierige Situationen zu meistern, prophezeite SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller. Anders ausgedrückt: Das mit 61 Milliarden Euro verschuldete Land muss Sparzwänge und die versprochene Wahrung hoher Sozialstandards unter einen Hut bringen. Rot-Rot spricht sich im Vertragswerk vage gegen Studiengebühren aus, will die kostenfreie Kita bis 2011 einführen und zugleich weniger neue Schulden aufnehmen.
Die gestrige Vertragsunterzeichnung macht den Weg frei für die Wiederwahl Klaus Wowereits zum Regierenden Bürgermeister im Abgeordnetenhaus am kommenden Donnerstag. Schon heute will Wowereit die Namen der neuen Senatoren für Justiz und für das Großressort Bildung, Wissenschaft und Jugend verkünden: Auf der gemeinsamen Sitzung von SPD-Fraktion und -Landesvorstand am frühen Abend stellt der Regierungschef seine Kandidaten vor. Bislang ist es in der Öffentlichkeit bei Spekulationen über deren Namen geblieben. Abgewinkt haben in den vergangenen Wochen viele. Dazu zählen die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Nahles, die ehemalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn und der Exwissenschaftsminister von Niedersachsen, Thomas Oppermann. Im Gespräch ist derzeit Ute Schäfer, die von 2002 bis 2005 in Nordrhein-Westfalen Ministerin für Schule, Jugend und Kinder war.
Kritik an der langen Kandidatensuche kam gestern von den Grünen-Fraktionschefs Franziska Eichstädt-Bohlig und Volker Ratzmann. Mit Blick auf den rot-roten Regierungspakt urteilten sie: „Die SPD nickt diesen zweitklassigen Vertrag ab, ohne die Personen zu kennen, die diese Politik umsetzen sollen.“
Sicher ist seit gestern zumindest die künftige Arbeitsteilung in der Senatskanzlei. Deren bisheriger Leiter, André Schmitz, tauscht den Job mit der Kulturstaatssekretärin Barbara Kisseler. Die parteilose 57-Jährige gibt ihren Posten nach dreieinhalb Jahren an den Wowereit-Vertrauten Schmitz ab, der zur ausführenden Hand des neuen obersten Kulturverantwortlichen Wowereit wird. MATTHIAS LOHRE