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Archiv-Artikel

Erlaubt Karlsruhe heimliche Tests?

Gericht prüft, ob Vaterschaftstests auch ohne Einwilligung des Kindes verwertbar sind

KARLSRUHE taz ■ Werden heimliche Vaterschaftstests künftig vor Gericht anerkannt? Das muss jetzt das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Geklagt hatte ein Mann aus Hildesheim.

Frank S. gilt bisher als Vater eines 12-jährigen Mädchens. Er erkannte die Vaterschaft an, als er in einer nichtehelichen Beziehung mit der Mutter des Mädchen lebte, die jedoch später zerbrach. S. wollte nun die Vaterschaft anfechten, doch das ist in Deutschland nur zwei Jahre nach der Geburt des Kindes möglich oder zwei Jahre nach dem Auftauchen neuer Umstände, die Anlass zum Zweifel geben. Um die Vaterschaft offiziell überprüfen zu können, ließ S. deshalb einen heimlichen Gentest durchführen. Ein privates Labor verglich einen ausgespuckten Kaugummi der Tochter mit dem Speichel des Vaters. Ergebnis: Frank S. kann nicht der Vater sein. Doch die Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH) hielten den Test für unverwertbar, weil er ohne Zustimmung des Kindes durchgeführt wurde. Hier sei das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Tochter verletzt, entschied Anfang 2005 der BGH. S. blieb rechtlich also Vater.

Gegen diese Entscheidung hat Frank S. Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sein Anwalt Rüdiger Zuck sagte, die Grundrechte des Vaters seien verletzt, weil er weiter Unterhalt zahlen müsse und in die „sozial-moralische Verantwortung“ für ein fremdes Kind gedrängt werde. Die Rechte des Kindes müssten hier zurückstehen, da die Tochter bei Trennung der Eltern erst zweieinhalb Jahre alt gewesen sei und noch keine intensive Beziehung zum Vater gehabt habe. Solange die Interessen des Kindes von der sorgeberechtigten Mutter vertreten werden, bestünde auch ein Interessenkonflikt, sagte Anwalt Zuck, da die Mutter weiterhin Unterhalt bekommen wolle.

Die Verfassungsrichter neigten gestern nicht dazu, ein Recht auf heimliche Gentests anzuerkennen. „Ich darf ja auch nicht heimlich das Telefon meiner Partnerin abhören, nur weil es meinen Interessen nutzen könnte“, argumentierte Richter Reinhard Gaier.

Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) kündigte gestern erneut ein strafrechtliches Verbot heimlicher Gentests an. „Wenn heimliche Tests durch einen Arbeitgeber oder durch einen Versicherungsvertreter strafbar sind, dann sollte man auch bei Vätern keine Ausnahme machen“, sagte Zypries in Karlsruhe. Sie will allerdings die Anfechtung der Vaterschaft erleichtern. Künftig soll ein Vater nicht mehr die Beweislast dafür haben, dass neue Umstände vorliegen. Die Entscheidung über die Klage von Frank S. wird in einigen Monaten verkündet. CHRISTIAN RATH

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