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Archiv-Artikel

Auf Krawall gebürstet

Während NRW-Innenminister Ingo Wolf härter gegen „Hooligans“ im Fußball vorgehen will, sehen Experten keinen drastischen Anstieg von Gewalt in Stadien. Grüne: Mehr Prävention statt Repression

VON MARTIN TEIGELER

In Nordrhein-Westfalen gibt es keine rasante Zunahme von Gewalt rund um die Fußballstadien. „Wir sehen da nur marginale Veränderungen“, sagt Frank Scheulen vom Landeskriminalamt (LKA). Noch liege keine aktuelle Statistik für das vergangene Jahr vor, doch wegen der Fußball-WM habe es in 2006 möglicherweise sogar einen „leichten Knick nach unten“ gegeben, so Scheulen: „Potenzielle Gewalttäter haben sich rund um die WM ruhiger verhalten, um Stadionverbote zu vermeiden.“ Auch Kenner der unteren Spielklassen warnen vor einer Dramatisierung. „Von 75.000 Amateur- und Jugendspielen im zweiten Halbjahr 2006 in unserem Bereich wurden 30 wegen Gewalt abgebrochen“, sagt Guido Danek vom Fußballverband Niederrhein. 30 Spielabbrüche wegen Rassismus und Gewalt seien zwar „30 zuviel“, doch ein steiler Zuwachs sei nicht zu vermelden.

NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) ist dagegen für eine „bundesweite Kooperation aller Verantwortlichen“ gegen „Krawallmacher, die Amateurfußballspiele als Kulisse für ihre Gewalttaten nutzen“. Nach den schweren Ausschreitungen bei Fußballspielen in Sachsen am vergangenen Wochenende war Minister Wolf mit der Forderung nach „drastischen Sanktionen der Sportverbände“ an die Öffentlichkeit gegangen. Der Liberale will einen „massiven Einsatz qualifizierter Ordner, Einlasskontrollen und Stadionverbote“.

In Wahrheit ist die Fußballgewalt in NRW teilweise sogar rückläufig – trotz der drastischen Äußerungen des Ministers nach den Vorfällen in Sachsen. Laut einer Langzeitstatistik des LKA ist etwa die Zahl der Verhaftungen bei Drittligaspielen in den letzten fünf Jahren von 1.557 auf 971 gesunken. „Früher war es schlimmer“, sagt Uwe Klein von der Essener Polizei. Er habe vor 20 Jahren Straßenschlachten bei Heimspielen von Rot-Weiss Essen gegen Schalke und Dortmund erlebt. „Gewalt beim Fußball ist kein neues Thema“, sagt LKA-Sprecher Scheulen.

Es gebe zwar „ein ernsthaftes Problem mit Gewalt – im Fußball wie in der Gesamtgesellschaft“, sagt Guido Danek vom Fußballverband Niederrhein. Dagegen müsse man aber „vor allem präventiv etwas tun und nicht repressiv“, so der Sprecher. „Zumeist spielt sich das eher in unteren Ligen ab“, sagt Karl-Heinz Trockel vom Fußballverband Westfalen. Deshalb hat der Verband mit Sitz in Kamen so genannte „Problemlotsen“ installiert, die mit Vereinen und Aktiven deeskalierend arbeiten.

„Die Ursachen von Gewalt im Fußball müssen auch in NRW entschieden bekämpft werden“, sagt der Grünen-Landtagsabgeordnete Ewald Groth. „Rein polizeiliche Maßnahmen verdrängen das Problem lediglich an andere Orte und in andere Ligen“, so der sportpolitische Sprecher. Seine Fraktion fordert Innenminister Wolf und die schwarz-gelbe Landesregierung auf, die finanzielle Unterstützung von sozialen Fan-Projekten auszubauen.