: Norm für gute Unternehmen
Deutscher Arbeitgeberverband scheitert mit seiner Ablehnung der künftigen Sozialrichtlinie für Konzerne
BERLIN taz ■ Dass Dachziegel, Fahrradsitze und Weinflaschen nicht beliebig groß, breit oder eckig sein dürfen, weiß jeder. Dafür gibt es Normen. Aber auch ganze Unternehmen sollen sich bald nach einheitlichen Empfehlungen richten – und zwar in ihrem sozialen und ökologischen Verhalten. So will es die Internationale Standard-Organisation (ISO). Trotz grundsätzlicher Ablehnung durch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BdA) hat die ISO bei ihrer jüngsten Tagung im australischen Sydney beschlossen, bis Ende 2009 eine neue Richtlinie für soziale Verantwortung zu erarbeiten.
Die Richtlinie wird Unternehmen und anderen Organisationen empfehlen, soziale und ökologische Basisstandards zu akzeptieren. Dazu gehört etwa das Verbot der Kinderarbeit und das Recht von Beschäftigten, freie Verhandlungen über ihren Lohn zu führen. Die Richtlinie, im Fachjargon ISO 26.000, soll weltweit gelten, aber keinen rechtlich verbindlichen Charakter haben. Ähnlich wie bei den deutschen DIN-Normen nimmt man aber an, dass viele Unternehmen sich auf Dauer daran halten werden. 53 Staaten, darunter Delegierte aus Deutschland, nehmen an den Verhandlungen über die ISO-Richtlinie teil.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber hatte im Vorfeld versucht, die Gespräche zu blockieren. Der vor Sydney erreichte Kompromiss war den Wirtschaftsfunktionären aus Berlin zu weit gegangen. Sie befürchten, dass die Unternehmen in ihren Geschäften zu sehr behindert werden.
Bei den Verhandlungen in Sydney hat sich dieser Standpunkt nun nicht durchgesetzt. „Eine ganze Reihe von Unternehmen wollen mehr Verantwortung akzeptieren“, als die BdA in ihrem Positionspapier festgelegt habe, sagte Peter Sieber der taz. Er repräsentiert die Stiftung Warentest bei den ISO-Verhandlungen. So habe etwa Hartmut Müller, der Vertreter der Firma Bosch und gleichzeitig Leiter der deutschen Delegation, eine differenziertere Position eingenommen als die BdA.
Von der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände selbst war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.
Die BdA wollte unter anderem verhindern, dass Unternehmen darauf achten müssen, welche Zustände in ihren Zulieferbetrieben herrschen. Der aktuelle Entwurf der ISO-Richtlinie beinhaltet jetzt jedoch, dass auch die direkten Zulieferer in den Verantwortungsbereich des Unternehmens fallen. Ein Beispiel: Der Otto-Versand kann sich nicht herausreden, wenn die Hemden, die er verkauft, von Kinderarbeitern in indischen Werkstätten hergestellt werden. Otto muss selbst sicherstellen, dass seine unmittelbaren Zulieferer auf Kinderarbeit verzichten.
Die nächste Sitzung zur ISO-Norm 26.000 wird im November in Wien stattfinden. Im Gegensatz zur BdA und der US-Firmen-Lobby Council for International Business ist Österreich dabei, die Sozialnorm voranzutreiben. Auch Schweden und Brasilien gehören zu den Befürwortern.
HANNES KOCH