piwik no script img

Archiv-Artikel

Bescheidener Kraftakt KOMMENTAR VON RALPH BOLLMANN

Jetzt will uns die Bundesregierung also glauben machen, sie schütze die Nichtraucher mit größtmöglicher Entschlossenheit. Ein umfassendes Rauchverbot in allen öffentlichen Verkehrsmitteln, obendrein auf Bahnhöfen und Flughäfen. Damit haben wir alles getan, so lautet die Botschaft aus Berlin, was in unserer Macht steht. Ach so, um Gaststätten wird noch gestritten? Tut uns leid, da können wir nichts machen. Föderalismus eben.

Zugegeben, das Rauchverbot in Zügen ist durchaus ein Fortschritt. War doch die Raucherecke etwa in den zweistöckigen Regionalwaggons so geschickt auf halber Höhe platziert, dass sich der Rauch gleichmäßig auf die Nichtraucherzonen der oberen und unteren Ebene verteilte. Trennte in den Großraumabteilen der Intercity-Züge nicht mal eine Tür die Aktiv- von den Passivraucherplätzen. Musste man sich auf dem Weg zum Restaurant durch Qualmabteile kämpfen.

Dennoch: Was jetzt vom Kabinett als Kraftakt verkauft wird – und offenbar, was schlimm genug ist, wirklich einer war –, das ist noch immer sehr bescheiden. Wie viel Zeit verbringt der Durchschnittsbürger in der Bahn, und wie oft hält er sich in Kneipen oder Restaurants auf? Für die Bahnhöfe gilt obendrein: Sobald ein Passagier die zugigen Hallen verlässt, muss er zwangsläufig wieder die Qualmzonen der Cafés und Imbisse betreten.

Am Freitag kommender Woche treffen sich die Gesundheitsminister der Bundesländer, um die Gaststättenfrage zu entscheiden. Schon jetzt zeichnet sich ab: Statt eines klaren Rauchverbots, das den Nichtrauchern die Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum zurückgibt, wird wohl ein untauglicher Kompromiss herauskommen, der eher einem Beschäftigungsprogramm für die Hersteller von Belüftungsanlagen gleicht.

Dabei könnte alles so einfach sein. Ein bundeseinheitliches Rauchverbot in Gaststätten – sei es im Zuge des Arbeitsschutzes, sei es zur Abwehr gemeingefährlicher Krankheiten – wäre jederzeit möglich, auch wenn die Justizministerin im Dezember unter Berufung auf ein dubioses Rechtsgutachten der Tabaklobby das Gegenteil behauptet. Man müsste es nur politisch wollen.