: Steine haben ein Eigenleben
TREND-MATERIAL Das Bauen mit Naturstein war einmal Fürsten vorbehalten, aber immer mehr Bauherren leisten sich ein paar Akzente aus dem lebendigen Baustoff
VON JOHANN TISCHEWSKI
Wer etwas über Bert Bepplers Beruf erfahren will, kann ihn entweder in seiner Werkstatt besuchen – oder ins Museum für antike Geschichte gehen. „Die Werkzeuge, die bei Ausgrabungen in Ägypten zutage kommen, sind dieselben, die wir auch heute noch benutzen“, sagt Beppler. Beppler ist Steinmetz von Beruf. Es gebe kaum ein Handwerk, das so alt sei und sich so wenig verändert habe, sagt er. Allerdings habe sich die Kundschaft in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Während Naturstein früher nur Fürsten und Kirchenvätern vorenthalten gewesen sei, erlebe das Baumaterial derzeit gerade einen Boom bei den Normalverdienern.
Naturstein habe den Vorteil, dass er praktisch unvergänglich ist und als Naturprodukt, das mit relativ geringem Energieaufwand gewonnen wird, zudem kaum der Umwelt schade, sagt Beppler. Fensterbänke, Treppenbeläge, Arbeitsplatten und Spülbecken für Bad und Küche lassen sich Bepplers Kunden aus Naturstein fertigen, aber besonders stark im Kommen sei das Baumaterial im Gartenbereich, sagte er. Hier wird es etwa für Brunnen, Schwimmbecken, Terrassen und Skulpturen verwendet. „Guter Naturstein verleiht selbst den tristesten Garten noch einen verwunschenen, nostalgischen Akzent“, sagt Beppler.
Im Außenbereich werden vor allem Granit und Basalt verbaut, die sehr hart und widerstandsfähig sind. Für Skulpturen und Brunnen werden Marmor und Kalksteine bevorzugt, da sie sich gut formen lassen. Ansonsten kommen Marmor und Kalksteine in Deutschland eher im Innenausbau vor.
Der bekannteste Marmorsteinbruch liegt im italienischen Carrara. Schon die Römer gewannen hier einen großen Anteil ihres Marmors. Auch Michelangelos David ist aus Carrara-Marmor gefertigt. Die meisten Natursteine kommen heute allerdings aus China, Indien und Südafrika.
Der Gartenarchitekt Thomas Eckholdt hat sein Büro in der Hafencity und es gruselt ihn, wenn er vor die Tür tritt. „Die Materialien, die hier verwendet wurden, sind einfach ein Alptraum“, sagt er. Eckholdt hat sich mit seinem Unternehmen Gardener auf die Verwendung von gebrauchten Natursteinen konzentriert. „Ein guter Naturstein ist wie ein guter alter Wein“, sagt er. Auch Naturstein müsse reifen, damit er eine besondere Qualität erlange.
Seine Materialien bekommt Eckholdt bei Abrissen von alten Scheunen, Speichern oder Straßen in Frankreich, Polen oder Italien. Natursteine nähmen die Einflüsse ihrer Umwelt auf. Sie veränderten ihre Farbe, ihre Oberfläche. „Sie leben einfach, sie haben alle eine Geschichte“, sagt er. Nach einem harten Winter könne ein Naturstein etwas mitgenommen aussehen und sich dann über den Sommer, wenn der denn warm ist, wieder „aufrappeln“.
Angst, beim Verwenden der alten Steine in den von Architekten oft verpönten Historismus abzugleiten, hat Eckholdt nicht. Es sei ein menschliches Urbedürfnis etwas Beständiges zu schaffen, das auch über Generationen hinaus noch zeitgemäß ist, sagte er. Naturstein bringe diese zeitlose „Wertigkeit“ mit – nicht nur wegen seiner Widerstandsfähigkeit.
Auch die Hobbygärtnerin Monika Belutzski arbeitet in ihrem Eimsbütteler Hinterhofgarten gerne mit Natursteinen. Schieferplatten führen zu einer kleinen Sitzecke unter einem mit Efeu bewachsenen Kastanienbaum in der Ecke des Gartens. Die Platten hat sie selber in einem alten Steinbruch im Harz gesammelt.
Besonders freut sie sich aber über die Beschaffenheit ihrer Sitzgelegenheit: Den Tisch bildet ein riesiger mit Moos überzogener alter Mühlstein, den sie von einem Freund aus dem schwäbischen Schwetzingen bekommen hat. Darum gruppieren sich vier große Findlinge als Stühle, ebenfalls mit Moos überzogen. „Alle an der Ostsee gesammelt und mit meinem alten Auto und sehr viel Willenskraft hierher verfrachtet“, sagt Belutzski stolz.