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Archiv-Artikel

Freiheit oder Favela?

Die Cuvrybrache und die Selbstbestimmung

VON ALKE WIERTH

Der Gruselfaktor – er ist in fast allen Medientexten über die Cuvrybrache deutlich zu spüren. Da wohnen welche mitten in der Stadt (Zivilisation) auf wilden Freiflächen (Busch), zimmern sich Behausungen aus dem Zivilisationsmüll, dessen Rest sie dann einfach rumliegen lassen, da gibt’s Drogen und Roma, und so richtig grün sollen die sich ja auch nicht alle sein, die da wohnen. Brrr: Dritte Welt vor der eigenen Tür.

Daran werden wir uns gewöhnen müssen. Denn immer mehr spült die kleine und große Politik hier bei uns Menschen raus aus allgemein akzeptierten Lebensweisen, aus Jobs und Wohnungen. Und andererseits spült sie welche rein, die da, wo sie herkommen, noch weniger haben, als sie hier bekommen können.

Leben auf der Freifläche

Dass diese Menschen in der Stadt Berlin Nischen nicht nur suchen, sondern auch finden, ist gut. Wo sollten sie sonst hin? Dass dazu noch die kommen, die das Leben auf der Freifläche als Ausdruck von Freiheit betrachten, die es politisch nehmen – und deshalb wie auf der Cuvrybrache Bibliotheken einrichten oder Besuchstage organisieren, ist auch gut. Denn gerade in Berlin, in Kreuzberg, verhilft das der Favela zu der Prise Freiheit, die sie für viele politisch akzeptabel macht – selbstbestimmte Lebensformen und so. Sonst wäre es ja wirklich bloß ein Slum.

Das ist gutes Engagement. Doch so zu tun, als wäre das Leben auf der Brache grundsätzlich freiwillig gewählt und deshalb bitte schön selbstbestimmt ordentlich und sauber zu organisieren, würde bedeuten, die Augen davor zu verschließen, was viele dorthin treibt – und ihnen selbst die Verantwortung für ihre Misere zu geben.

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