: Hilfe bei Rheuma-Erkrankungen
betr.: „Rheuma-Pillen mit Spätfolgen“, taz vom 10. 11. 06
Ich finde es unverständlich, dass ein Artikel auf der Wissenschafts-Seite der taz abgedruckt wird, der nicht nur höchst unwissenschaftlich aus Halbwahrheiten und Behauptungen besteht, sondern auf polemische Weise das Gros der rheumakranken Menschen für dumm verkauft und eine ganze Berufsgruppe diffamiert.
Unter dem Begriff Rheuma werden eine Vielzahl verschiedenster Erkrankungen des Bewegungsapparates zusammengefasst. Die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen nehmen hier nur einen kleinen Teil ein, sind aber wegen ihres oft zerstörerischen Verlaufes – auch mit Beteiligung innerer Organe – als ernsthaft anzusehen. Der Entzündungsprozess, der z. B. beim „Gelenkrheuma“ zur Gelenkzerstörung führt, ist medizinisch recht gut verstanden. Es findet hier ein komplexes Wechselspiel verschiedenster Elemente des Immunsystems statt, welches dazu führt, dass Knorpel und Knochen und damit die Gelenkstrukturen abgebaut und zerstört werden.
Die Arachidonsäure soll laut Artikel „Rheuma“ auslösen können. Sie stellt einen essentiellen Bestandteil der tierischen – und damit auch menschlichen – Hülle der Zellmembranen dar und spielt eine wichtige Rolle bei der Schmerzentstehung und -wahrnehmung, für die Zerstörung der Gelenkstrukturen ist sie nicht relevant. Es geht hier jedoch um die körpereigene Arachidonsäure, die als natürlicher Bestandteil der Zellmembran auch durch die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren nicht „verdrängt“ werden kann. Andererseits kann durch Nahrung aufgenommene Arachidonsäure kein „Rheuma“ auslösen, wenn die zugrunde liegenden Prozesse der Zellschädigung nicht bereits vorliegen. Die genannten diätetischen Maßnahmen können zwar u. U. in begrenztem Umfang die Beschwerden bei Gelenkerkrankungen günstig beeinflussen, den Zerstörungsprozess an den Gelenken können sie jedoch nicht aufhalten. Dagegen ist es uns heute in den meisten Fällen möglich, durch eine sehr differenzierte medikamentöse Therapie den Zerstörungsprozess der Gelenke aufzuhalten und damit die Invalidisierung unserer Patienten zu verhindern. Wer einmal erlebt hat, wie effektiv und nachhaltig man damit den Rheuma- Kranken helfen kann, braucht keine wie auch immer geartete „Überredung“ seitens der Pharma-Industrie.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass es hier nicht um Diät oder Medikament geht. Wichtig sind alle Facetten der Therapiemöglichkeiten, die den rheumakranken Menschen helfen können. Die Deutsche Rheuma-Liga, die übrigens nicht – wie in dem Artikel behauptet – eine medizinische Fachgesellschaft ist, sondern als Selbsthilfegemeinschaft die Interessen rheumakranker Menschen vertritt, hat zum Thema „Ernährung und Rheuma“ eine Broschüre herausgegeben, die unter www.rheuma-liga.de nachzulesen ist. Ein solch unsauber recherchierter Artikel redet einerseits der aktuellen Gesundheitspolitik das Wort, die eine zunehmende Verschlechterung der medizinischen Versorgung betreibt. Andererseits hat er zu verantworten, dass rheumakranke Menschen u. U. davon absehen, sich rechtzeitig in rheumatologische Behandlung zu begeben, so dass vielleicht bereits Schäden entstanden sind, bevor eine Therapie eingeleitet werden kann. CAY-B. VON DER DECKEN, Aachen/Würselen