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Archiv-Artikel

Symbolischer Sieg im US-Kongress

Die Republikaner blockieren im Senat jedoch erneut die Debatte über eine Resolution, in der die geplante Truppenaufstockung im Irak abgelehnt wird. Doch die Front bröckelt zunehmend. Die Demokraten wollen Bush jetzt zur Kurskorrektur zwingen

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Die US-Demokraten können noch lange behaupten, am Freitag und Samstag habe eine Mehrheit im US-Kongress gegen die Irakpolitik des Weißen Hauses gestimmt. Es wird aber nicht wirkungsvoller. Denn im Senat verfehlten die Liberalen knapp mit vier Stimmen die für die Annahme ihrer „nicht bindenden Resolution“ nötigen 60 Stimmen.

Zuvor, am Freitag, hatten die Abgeordneten des Repräsentantenhauses mit 246 gegen 182 Stimmen für die Resolution gestimmt, die sich gegen die Entsendung von 21.500 zusätzlichen Soldaten in den Irak ausspricht. In dem Text heißt es aber auch, der Kongress unterstütze die im Irak bereits stationierten Truppen. Die Resolution ist daher vor allem symbolischer Natur und für US-Präsident George W. Bush als Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte keinesfalls bindend.

Bush lobte im Anschluss die Abstimmungen im Kongress als Ausdruck „demokratischer Stärke“. Er forderte das Parlament aber auf, die nächsten Abstimmungen sollten eine „unmissverständliche Versicherung der Unterstützung für die Entschlossenheit der Nation sein, die Sache der Demokratie unterstützen und die terroristischen Kräfte stoppen“. Sein Sprecher Tony Snow verwies darauf, dass die Resolution den Präsidenten zu nichts verpflichte, von den US-Soldaten im Irak aber als mangelnde Unterstützung empfunden werde.

Es war bereits das zweite Mal binnen weniger Wochen, dass Bushs Republikaner im Senat eine Resolution gegen die Politik ihres Präsidenten verhindern konnten. Dabei bröckelt die harte Front der Republikaner. Dieses Mal stimmten sieben Republikaner mit den Demokraten und gegen ihre Führung, die zuvor Geschlossenheit angemahnt hatte. Bei der ersten Abstimmung hatte es nur einen Abweichler gegeben. Von den sieben, die sich für eine Resolution ausgesprochen hatten, stehen fünf im kommenden Jahr zur Wiederwahl an. Im Repräsentantenhaus hatten am Freitag mehr als ein Dutzend republikanischer Abgeordneter für die Entschließung der Demokraten votiert.

Einzelne Republikaner kritisierten die Resolution, weil sie die Terroristen ermutige und die Militärs „demoralisiert“, so der republikanische Abgeordnete Ander Crenshaw. „Der Feind möchte, dass unsere Männer und Frauen in Uniform glauben, der Kongress unterstütze sie nicht“, meinte der Republikaner und Exvietnamkriegsgefangene Sam Johnson.

Der Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, erklärte die Demokraten zu Siegern in der Auseinandersetzung mit Bush. „Eine Mehrheit des Senats der Vereinigten Staaten ist gegen die Eskalation im Irak“, sagte Reid in Anspielung auf die 54 von 100 möglichen Stimmen für eine Resolution. Reid betonte, nach der Abstimmung wüssten die Bürger nun endlich auch, welche Republikaner die von Bush angestrebte Eskalation im Irak unterstützen.

Reid sagte, dass mit den Abstimmungen im Repräsentantenhaus und Senat nun auch die Phase symbolischer Initiativen zu Ende gehe. Mit dem Resolutionsentwurf wollten die Demokraten ihre Distanz zu Bushs Politik sichtbar machen. Reid betonte in Anspielung auf die Budgethoheit des Kongresses, nun gelte es, Bush mit anderen Mitteln zur Kurskorrektur zu zwingen. Konkretere Pläne kündigten die Demokraten nicht an.

Das Weiße Haus hatte nach der Abstimmung den Kongress aufgefordert, sich nicht gegen die von Bush beantragten Mittel zur Finanzierung der Kriege im Irak und in Afghanistan zu stellen. „Der Präsident ist der Auffassung, dass der Kongress die volle Finanzierung bereitstellen und die Flexibilität zeigen soll, die unsere Truppen für die erfolgreiche Erfüllung ihrer Mission, unser Land zu schützen, brauchen“, sagte Präsidentensprecher Snow.

Bush hatte vor den Abstimmungen in einer öffentlichen Rede klar gemacht, dass die Resolution ihn nicht von seinem Plan abbringen werde, 21.500 zusätzliche US-Soldaten in den Irak zu schicken. Einzelne Kampfbrigaden sind bereits Anfang des Monats in Bagdad eingetroffen, um an einer Offensive zur Eindämmung der Gewalt teilzunehmen. Laut einer AP-Ipsos-Umfrage lehnen 63 Prozent der US-AmerikanerInnen die von Bush geplante Truppenaufstockung ab.

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