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Archiv-Artikel

„Baumwolle ist in Ordnung“

FÜHRUNG Das Hafenmuseum informiert über die Geschichte von Bremens Baumwollhandel

Von JPB
Bernd Töllner

■ 68, war 50 Jahre lang im Baumwollgeschäft tätig. Seine Hauptliebe gilt der Baumwoll-Faser.

taz: Herr Töllner, wie wurde Bremen zur Baumwoll-Hochburg?

Bernd Töllner: Über Bremen und Bremerhaven sind Anfang des 19. Jahrhunderts Auswanderer nach Amerika ausgewanderten. Die Segelschiffe brauchten Fracht für die Rückfahrt – neben Holz und Reis hat sich da die Baumwolle durchgesetzt. Die ersten Ballen landeten 1788 in Bremen. Damals gab es allerdings noch keine Baumwollhändler.

Sondern?

Zu Beginn lief der Handel direkt über die Reedereien. Später kam die Bremer Baumwollbörse hinzu, ebenso spielte die Bremer Lagerhausgesellschaft eine wichtige Rolle. Der Speicher XI wurde 1912 als reiner Baumwoll-Lagerplatz fertiggestellt.

Die Baumwolle kam von den Plantagen aus Amerika. Thematisieren Sie Bremens Verbindung zur Sklaverei?

Das ist kein Thema. Die Verbindungen Bremens kamen durch die Handelsbeziehungen und liefen nur indirekt. Die Sklaverei hat mit dem Sezessionskrieg aufgehört.

Der Baumwollhandel steht bis heute in der Kritik.

Es geht vor allem um den Wasserverbrauch. Doch da hat sich sehr viel getan. Man kann nicht alle Gebiete über einen Kamm scheren. In Amerika wird heute zum Beispiel anders produziert als etwa in Indien. Oft wird die Baumwolle auch als belastet bewertet, obwohl die problematischen Stoffe erst in der Verarbeitung hinzukommen, etwa um Hemden bügelfrei zu machen. Die Baumwolle selbst ist in Ordnung.

Die Arbeitsbedingungen, etwa in Usbekistan, gelten als katastrophal.

Darüber streiten die Fachleute. Die einen sagen, es würden Kinder während der Schulzeit zur Arbeit abgeordnet, andere sagen, dass in Usbekistan keine Kinderarbeit stattfindet. Wobei in ehemaligen Soviet-Staaten oft verneint wird, was doch stattfindet. Die internationalen Produzenten haben allerdings viel unternommen, um sicherzustellen, dass die Produkte nicht aus Kinderarbeit stammen. Es bleibt ein umstrittenes Thema.

Ist es da ein Problem, dass Ihre Führung von einer Baumwollhandelsfirma gesponsert wird?

Nein, das ist kein Problem. Ich habe bei der Firma lange gearbeitet. Sie unterstützt das Hafenmuseum als Ganzes.

Wie wichtig ist der Baumwollhandel für Bremen noch heutzutage?

Das Faser-Institut an der Baumwollbörse ist weltweit von Bedeutung. Aber es gibt kaum noch Handelsfirmen in Bremen – die Textilindustrie wandert ostwärts. Während er Blütezeit wurde Baumwolle von Bremen aus nach ganz Europa geliefert. Das ist zurückgegangen. INTERVIEW: JPB

10 Uhr, Hafenmuseum Speicher XI