Waldläufer und Wagenräder

FILMREIHE Rechtzeitig zum Start ihres Öko-Thrillers „Night Moves“ laufen in Hamburg drei ältere Filme von Kelly Reichardt. Alle drei spielen in Oregon

Grün. Tiefes, feuchtes Grün. Gäbe es sonst keine Gründe dafür, sich „Old Joy“ anzusehen, Kelly Reichardts zweiten Spielfilm, dann bliebe immer noch dieser: Er ist ein perfektes Gegenmittel, wenn der norddeutsche Sommer da draußen mal wieder gar zu drückend ist. Zwei Freunde, Mark und Kurt, einander ein wenig abhandengekommen, gehen noch einmal zusammen in den Wald, eine heiße Quelle aufsuchen zwischen plätschernden Bächen und bemoosten Baumstämmen.

Eine wichtige Rolle kommt dem Schauplatz zu: dem US-Bundesstaat Oregon, regenverhangen und reich an uralten Wäldern. Regisseurin Reichardt meint nicht bloß Landschaft und Vegetation, wenn sie von „Oregoness“ spricht: Oregon ist nicht zuletzt ein alternatives Biotop, und als solches jeweils umso wichtiger gewesen, je konservativer etwa die US-Präsidenten sich positionierten.

Hier im pazifischen Nordwesten scheinen Lebensweisen und Charaktere florieren zu können, für die es vielerorts sonst im Land nicht mal Nischen gibt – auch davon erzählen Reichardts Filme. Ihr jüngster Film startet nächste Woche, „Night Moves“, ein unorthodoxer Thriller um radikale Umweltschützer mit richtigen Stars.

„Old Joy“ handelte 2006 von Sinnsuche und Entfremdung nicht mehr ganz junger Collegefreunde, und im Gesicht von Hauptdarsteller Will Oldham – eigentlich als Songwriter bekannt – ertrug man sogar den Hipster-Vollbart. Zwei Jahre später ging es dann um’s Prekariat: „Wendy and Lucy“ ist ein Road-Movie, in dem die äußere Reise der Hauptfigur – die eigentlich nach Alaska will – ins Stocken gerät, weil ihr Auto alt ist und das Geld knapp. Auch dieser Film basiert auf einer Geschichte von Jon Raymond, und auch hier ist der Gegensatz zwischen Natur und Zivilisation (oder: Technik) von Bedeutung. Mehr noch als im teils verträumten „Old Joy“ zeigt Reichardt hier Armut und den geschotterten Hinterhof der Holzhaus-Idylle mit Veranda und Garage mit Volvo-Kombi drin.

Ein echter Ausfallschritt war dann 2010 „Meek’s Cutoff“: wieder Oregon, allerdings im Jahr 1845 – keine Autos, nicht mal Häuser. Dafür Planwagen, in denen tief religiöse Siedler mühsam das so wenig gottgegebene Land durchqueren. So ausgebleicht und staubig nun das Grün, so gelungen ist dieser postmoderne Zugriff aufs Western-Genre: kein bisschen chauvinistisch und doch durchzogen von ernstem Respekt für den Wagemut dieser kleinen Leute.  ALDI

„Old Joy“: 9. 8., 19 Uhr; 10. 8., 21.15 Uhr; „Wendy and Lucy“: 11.–13. 8., jeweils 21.15 Uhr; „Meek’s Cutoff“: 23. 8., 17 Uhr; 24. + 30. 8., 19 Uhr, Metropolis, Hamburg. „Night Moves“ startet am 14. 8.