: Lohn der Sauberkeit
VON NICK REIMER
Die Bundesregierung will die Kfz-Steuer künftig am Schadstoffausstoß bemessen. Das hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) am Wochenende verkündet. „Je umweltfreundlicher ein Auto in der Gesamtbetrachtung, desto geringer sollte die Steuerlast sein“, beschrieb Tiefensee seine „neue ökologische Kraftfahrzeugsteuer“. Im Mittelpunkt solle nicht mehr die Größe des Motors, sondern die Umweltverträglichkeit stehen. Besitzer umweltfreundlicherer Autos sollten belohnt worden.
Damit bescherte der Bundesverkehrsminister seiner Partei allerdings auch eine neue klimapolitische Debatte. Sozialdemokratische Umweltpolitiker kritisierten die Vorschläge als „nicht weitreichend genug“. SPD-Bundesvorstandsmitglied Hermann Scheer: „Ich rate der Bundesregierung dringend zu mehr politischem Mut, wenn sie die Klimakatastrophe noch aufhalten will.“ In der Bild am Sonntag forderte Scheer: „Energie sollte rein nach der Menge der ausgestoßenen Klima- und Umweltgifte besteuert werden.“ Und zwar überall: „Wer beim Autofahren, Fliegen oder Heizen zu viel verbraucht oder schädliche Energieträger wie etwa Kohle benutzt, wird durch eine solche Steuer bestraft.“
Der Grund für solcherlei Kritik: Tiefensee will nicht den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid zum Nonplusultra machen. Zwar solle der CO2-Ausstoß wesentliche Komponente werden. Zusätzlich sollen die Fahrzeuge aber in Emissionsklassen eingeordnet werden, je nach sonstigem Schadstoffausstoß. Für besonders saubere Autos könne es Freibeträge, für ältere Fahrzeuge hingegen höhere Sätze geben. „Die Schadstoffbilanz in die Betrachtung mit einzubeziehen, hat sich schon in der Vergangenheit bewährt“, schrieb der Minister in einem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung. Über Details sei er mit Finanzminister Peer Steinbrück und Umweltminister Sigmar Gabriel im Gespräch. In den nächsten Wochen solle das Modell sehr schnell ausgearbeitet werden.
„Einen wichtigen Schritt“ nannte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber die Vorschläge Tiefensees, zumal sie bereits im Koalitionsvertrag verankert seinen. Allerdings, so Kelber gegenüber der taz, sei das nur ein erster Schritt: „Dass wir bei der Besteuerung von Flugbenzin keinen einzigen Meter weiter sind, ist ein gesellschaftlicher Offenbarungseid“, schimpfte der Umweltpolitiker. Auch ein Tempolimit müsse nun her.
Kelber warnte allerdings die Umweltbewegung, sich zu stark auf das Thema Tempolimit auf Autobahnen zu kaprizieren: „In erster Linie kann man mit diesem Instrument die Fahrsicherheit erhöhen“, so Kelber. Zweitens führe ein Tempolimit zu weniger Staus: „Es ist erwiesen, dass die meisten Staus durch nicht angepasste Geschwindigkeiten entstehen“. Erst an dritter Stelle kommt für Kelber das klimaentlastende Moment.
Unterstützung erhielten die SPD-Umweltpolitiker ausgerechnet von der CSU. Deren Umweltexperte, Josef Göppel, sagte: „Zur Rettung des Erdklimas brauchen wir einen Systemwechsel bei den Steuern.“ Die Höhe aller Energiesteuern im Verkehr und in Privathaushalten müsse auf Basis der ausgestoßenen Schadstoffe berechnet werden. Altes Denken verbreitete dagegen der SPD-Verkehrsflügel. Deren Sprecher, Uwe Beckmeyer: „Es kann nicht sein, dass die kleinen Leute am Ende die Zeche zahlen.“