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Archiv-Artikel

Die bedrohte Spezies der Luxusautos

Die Berechnung der Kfz-Steuer nach dem Kohlendioxid-Ausstoß würde die Hersteller von Spritschluckern hart treffen. Sie müssten den Verbrauch um bis zu einem Drittel senken. Ökologen fordern Sanktionen für CO2-Sünder nach Maastricht-Vorbild

VON TARIK AHMIA

Der von der Bundesregierung geplante Umbau der Kfz-Steuer trifft auf Zustimmung der Europäischen Union und der Autoindustrie. „Wenn Deutschland mit einer solchen Steuer vorangeht, werden bestimmt viele andere folgen“, sagte gestern EU-Industriekommissar Günther Verheugen. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte am Wochenende angekündigt, die Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer von der Größe des Hubraums auf den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) und Schadstoffen umzustellen.

Prinzipiell signalisierte die deutsche Autoindustrie ihre Zustimmung. Bernd Gottschalk, Präsident des Verbandes der Autoindustrie, fordert jedoch, dies müsse für die Industrie wettbewerbsneutral geschehen.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erwartet, dass die Umstellung noch 2007 gelingen kann. „Wichtig ist, dass wir diese Umgestaltung aufkommensneutral kalkulieren“, sagte Gabriel in Hinblick auf den drohenden Widerstand der Bundesländer. Denn diese hätten als Empfänger der Kfz-Steuer unter Einnahmeausfällen zu leiden.

Die restriktivere CO2-Line der Bundesregierung dürfte vor allem die Hersteller schwerer Luxusautos unter Druck setzen. Diese sind von den Plänen der EU-Kommission, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2012 auf 130 Gramm CO2 pro Kilometer zu senken, am stärksten betroffen. Derzeit liegt der durchschnittliche CO2-Ausstoß aller 2006 in Deutschland verkauften Pkw bei etwa 170 Gramm. 60 Prozent aller Neuwagen fahren 180 Stundenkilometer oder schneller.

„Der Verbrauch deutscher Premium-Autos muss bis 2012 um ein Drittel sinken“, sagte gestern Helmut Horn vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Rechtzeitig zum heutigen Treffen der EU-Umweltminister in Brüssel präsentierte der größte deutsche Umweltverband gestern neue Zahlen, die zeigen, in welcher Klemme die deutschen Autobauer durch die CO2-Ziele der EU Kommission stecken.

„Das EU-Ziel lässt sich mit der jetzigen Modellpalette nicht erreichen“, sagte Werner Reh, Autoexperte beim BUND. Vor allem die deutschen Hersteller wie VW, Mercedes oder BMW müssten ihre gesamte Modellpalette ändern, resümierte Reh. „Dazu müsste das Gewicht der Fahrzeuge deutlich sinken, und die Motoren müssen sauberer werden.“ „Der BUND hat die Mitteilung der EU-Kommission offenbar falsch verstanden“, kommentierte eine Sprecherin des vda die Angaben des BUND gegenüber der taz. „Es geht bei den anvisierten 130 Gramm CO2 nicht um eine Einheitsobergrenze für jeden einzelnen Hersteller, sondern um einen Durchschnittswert aller in Europa neu zugelassenen Pkw.“

Heute emittiert etwa ein Audi A4 pro Kilometer bis zu 257 Gramm CO2, wenn er mit Benzin betrieben wird. Auf ähnlich stolze Werte kommt auch die Mercedes-E-Klasse mit bis zu 273 Gramm CO2 und der 3er BMW bis zu 243 Gramm CO2 pro Kilometer. „Dieselfahrzeuge sind in Deutschland noch vor Benzinern die größten Schadstoffemittenten“, sagte Horn. „Das gibt es in keinem anderen EU-Land.“ Im europäischen Vergleich liege Deutschland bei den Kraftfahrzeug Emissionen heute auf dem viertletzten Platz.

Ein besonderes Problem in Deutschland sei, dass im vergangenen Jahr 54 Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge Firmen- und Dienstwagen waren. „Für Unternehmen gibt es unter den vielen steuerliche Firmenwagen-Privilegien aber keine Anreize, sparsame Autos anzuschaffen“, sagte Helmut Horn. Als Vorbild für die deutschen Autobauer empfiehlt der BUND Frankreich: „Citroën-Fahrzeuge emittieren im Durchschnitt bereits jetzt nur 147 Gramm CO2 pro Kilometer.“

Damit die neue EU-Politik nicht ihr Ziel verfehlt, forderte Horn europaweite Sanktionen. „Wir brauchen eine Art Maastricht-Verfahren, in dem Hersteller und Staaten einbezogen werden“, sagte Horn.