daumenkino : Pans Labyrinth
Zunächst denkt man, das passt doch nicht zusammen: die letzten Partisanengefechte im faschistischen Spanien 1944 und die Fantasiewelt einer Elfjährigen, die sich als Prinzessin träumt. Aber Guillermo del Toro vollbringt in „Pans Labyrinth“ das Kunststück, die historische und die fantastische Ebene auf so unheimliche Weise ineinander zu verweben, dass man völlig vergisst, darüber nachzudenken, ob sich das eine zum anderen nun allegorisch, symbolisch oder sonst wie verhält.
Es sind finstere Zeiten, in denen die kleine Ofelia sich wieder findet. Ihr Vater ist tot, ihre Mutter hat einen faschistischen Oberst geheiratet. Unausgesprochen wird klar, dass es sich dabei um einen hässlichen Deal handelt, mit dem die schöne Frau sich um den Preis der Geburt eines Stammhalters das eigene Überleben sichert. Zu Beginn des Films ziehen Mutter und Tochter zum Oberst, der von einer alten Mühle aus seinen Dienst gegen die Partisanen verrichtet. Der neue Vater offenbart schnell einen unheilvollen Hang zu exzessiver Gewalt und eine unangenehme Fixierung auf das ungeborene Kind. Ofelia muss sich ihre eigenen Verbündeten schaffen: Mercedes, die Haushälterin der Mühle, und das geflügelte Fabelwesen, das sie dem Faun namens Pan vorstellt, der ihr drei Prüfungen auferlegt.
Das Besondere an del Toros Film ist der tiefschwarze Pessimismus, der jeden Fantasy-Kitsch im Keim erstickt. Die Welt, in die Ofelia flüchtet, ist nicht minder grausam als die schreckliche Wirklichkeit. Schlimmer noch: Während um sie herum die Hoffnung auf ein Überleben der Partisanen dem Wüten des Obersts zum Opfer fällt, verzweifelt das Mädchen an den von Pan gestellten Aufgaben. Die „fantasierte“ Verzweiflung fühlt sich echter an als das Erschrecken über die realen Entwicklungen. Im unsentimentalen Sinn für das Unabänderliche des schlechten Ausgangs – schließlich wäre alles andere Geschichtsfälschung – zeigt sich del Toros Sensibilität. Er nimmt seine kleine Protagonistin auf eine Weise ernst, die selten ist. „Pans Labyrinth“ fasziniert nicht nur wegen seiner visuellen und atmosphärischen Originalität, sondern wegen des tiefen Verständnisses für die verschlungene Wirkungsmacht der Mädchen-Magie.
BARBARA SCHWEIZERHOF
„Pans Labyrinth“. Regie: Guillermo del Toro. Mit Sergi Lopez u. a. Mexiko, Großbritannien, USA 2006, 112 Min.