piwik no script img

Archiv-Artikel

Aufwärtstrend mit Schönheitsfehlern

WIRTSCHAFT Unternehmen melden positive Entwicklung der Bremer Wirtschaft. Auf dem Arbeitsmarkt macht sich das laut Arbeitnehmerkammer allerdings nur eingeschränkt bemerkbar

Der Bericht verzeichnet ungleiche Löhne

Während das Bremer Wirtschaftswachstum über dem Bundesdurchschnitt liegt, ist im Vergleich nur ein geringer Zuwachs an Arbeitsplätzen zu verzeichnen. Das geht hervor aus dem jährlichen Statistischen Jahresbericht der Arbeitnehmerkammer.

Der Wachstumstrend sorgt bei Unternehmern für gute Stimmung. Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Konjunkturumfrage der Handelskammer rechnen alle Branchen trotz internationaler Krisen mit Geschäftszuwachs. Nur ist auf dem Arbeitsmarkt wenig davon zu bemerken, wie der Bericht der Arbeitnehmerkammer zeigt: Während Berlin, Bayern, Niedersachsen ein Plus von neun Prozent an sozialversicherten Beschäftigungen verzeichnen, liegt Bremen mit 5,7 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt.

Am stärksten boomt der Dienstleistungsbereich. Die Arbeitnehmerkammer vermutet, dass dies auch an der Auslagerung von Tätigkeiten liegt: Innerhalb des verarbeitenden Gewerbes seien gleichzeitig Stellen verlorengegangen.

Viele der neuen Arbeitsplätze sind Teilzeitstellen. Ein Trend, der über die vergangenen fünf Jahre besonders deutlich wird: Auf 8.000 in diesem Zeitraum abgebaute Vollzeitstellen kommt ein Zuwachs von 24.000 in Teilzeit.

Die Arbeitnehmerkammer sieht das kritisch. Teilzeit könne zwar eine gute Lösung sein, um Arbeit und Familie zu verbinden, „wir wissen aber aus unserer täglichen Beratungspraxis, dass sie oft unfreiwillig ist oder der Lohn nicht zum Leben reicht“, sagt Arbeitnehmerkammer-Präsident Peter Kruse – gerade Frauen würden gern mehr arbeiten.

Der Bericht verzeichnet ungleiche Löhne: Im Bereich „Verkehr und Lagerei“ bekommen Vollzeitbeschäftigte 6,68 Euro mehr Lohn pro Stunde als die Teilzeitkräfte. Das liege nur zum Teil an unterschiedlichen Qualifikationen, und Lohndiskriminierung sei keine Seltenheit. „Die geringere Bezahlung ist ein klarer Rechtsverstoß“, so Kruse. Er forderte den Gesetzgeber auf, das Diskriminierungsverbot von Teilzeitbeschäftigten auch umzusetzen.

Auch zwischen den Branchen gehen die Löhne auseinander: Während MitarbeiterInnen in der Kfz-Branche zwischen 5.000 und 6.000 Euro brutto im Monat verdienen, liegen die Gehälter im Gastgewerbe nur knapp über 2.000 Euro. Insgesamt liegen die Verdienste in Bremen wegen der industriellen Wirtschaftsbasis aber überdurchschnittlich hoch.

JAN-PAUL KOOPMANN