: Streikrecht trotzt Barmherzigkeit
ARBEITSGERICHT Diakonie-Klinikum darf Streiks der Gewerkschaft Ver.di für einen Tarifvertrag nicht unterbinden. Klinik will weiter vor Gericht streiten
Schlappe für das neue Agaplesion Diakonie-Klinikum Hamburg: Das Arbeitsgericht hat am Freitag entschieden, dass das Tarif- und Streikrecht auch in kirchlichen Krankenhäusern gilt. Eine Unterlassungsverfügung zur Verhinderung künftiger Streiks in dem neuen Groß-Krankenhaus in Eimsbüttel lehnte es ab. „Die Koalitionsfreiheit und das Streikrecht stehen dem Urteil zufolge über dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen“, sagt der zuständige Sekretär der Gewerkschaft Ver.di, Arnold Rekittke. Damit sei klar: „Wir dürfen auch in der Diakonie für einen Tarifvertrag streiken.“
Rekittke begrüßt, dass mit dem Urteilsspruch festgestellt worden sei, dass auch diakonische Einrichtungen dem Grundgesetz in vollem Umfang unterliegen und dass der sogenannte „Dritte Weg“ – der eigenständige Arbeitsrechtsgrundsätze in der Diakonie unterstellt – nicht mehr zeitgemäß sei.
Hinter dem „Dritten Weg“ verbirgt sich ein seit Jahren angewandtes Verfahren, mit dem die Diakonie-Krankenhäuser und die Gewerkschaften in paritätischen Kommissionen Vergütungen und Arbeitsbedingungen aushandelten. Ver.di hat sich daran im Gegensatz zum Marburger Bund und zum Verband Kirchlicher Mitarbeiter nie beteiligt. Im Konfliktfall trat ein Schlichtungsgremium unter Vorsitz einer „neutralen Autorität“ zusammen. Direkte Verhandlungen mit Ver.di lehnten die vormals drei Diakonie-Kliniken stets ab.
„Wir halten Streik und Aussperrung mit dem Selbstverständnis eines evangelischen Krankenhauses und den diakonischen Werten weiterhin für unvereinbar“, bedauerte die Vize-Geschäftsführerin des Diakonie-Klinikums, Maria Theis, das Urteil. Sie kündigte Berufung vorm Landesarbeitsgericht an.
Aus Sicht der Diakonie gibt es aber keinen Grund zum Optimismus: Das Landesarbeitsgericht Hamm hat bereits eine ähnliche Entscheidung gegen die Diakonie getroffen. KAI VON APPEN