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Archiv-Artikel

Ukraine droht Russland mit Gasboykott

SANKTIONEN Kiew will Transit stoppen, Polen verklagt Moskau

KIEW/BERLIN dpa/rtr/taz | Das Sanktionenkarussell dreht sich weiter: Die Ukraine hat Russland mit einem Stopp des Gastransits nach Westeuropa gedroht. Die Regierung habe eine Liste mit russischen Unternehmen für Sanktionen erstellt, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk in Kiew. Sollte das Parlament zustimmen, könnte dies einen kompletten Transitstopp zur Folge haben. „Ich spreche von allen Instrumenten, die in dem Gesetz genannt werden, einschließlich der Möglichkeit, jeglichen Transit zu unterbrechen – sowohl den Überflug als auch den Transit von Ressourcen“, sagte Jazenjuk.

Das hätte verheerende Folgen für viele Länder Westeuropas: So kommt ein Drittel des deutschen Gases aus Russland, die Hälfte davon durchquert derzeit die Ukraine. Sollte Russland seine Gaslieferungen komplett stoppen, reichten die Reserven noch etwa 80 Tage. Vor einer Einbeziehung der Energielieferungen in den Konflikt warnte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD): „Wir müssen Angst haben, dass sich die Krise weiterentwickelt.“ Vom am Donnerstag von Moskau verkündeten Einfuhrstopp von Lebensmitteln aus der EU erwartet Gabriel keine Gefahr für die hiesige Konjunktur. Russlands Anteil an allen deutschen Exporten liege nur bei 3,3 Prozent.

Indes kündigte Polen eine Klage gegen Russland bei der Welthandelsorganisation WTO an. Russland breche „beim Embargo gegen Polen wie auch beim Embargo gegen die EU internationales Recht“, sagte Landwirtschaftsminister Marek Sawicki. Acht Prozent der polnischen Agrarexporte gehen derzeit nach Russland. Lettlands Präsident Andris Berzins forderte eine schnelle Unterzeichnung der EU-Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada, TTIP und Ceta.

Der deutsche Exportverband BGA forderte die Bundesregierung auf, der Agrarbranche beim Erschließen neuer Märkte in China, Japan und Mexiko zu helfen.

Die Börsen reagierten weltweit mit Kursrutschen. So fiel der deutsche Leitindex DAX zum ersten Mal seit fünf Monaten unter die psychologisch wichtige Marke von 9.000 Punkte.

KAI SCHÖNEBERG