LESERINNENBRIEFE
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Los geht’s mit Inklusion

■ betr.: „Inklusion ist so etwas wie Kommunismus“, taz vom 6. 8. 14

Als vor ein paar Jahren auch in Deutschland klar wurde, dass die Inklusion kommen muss (UN-Konvention, deren Unterzeichnerin auch die BRD war), passierte Merkwürdiges. Es wurde diskutiert, ignoriert und verharmlost. Fast niemand kümmerte sich wirklich um den Auftrag der Inklusion: „Sämtliche gesellschaftlichen Bereiche müssen für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zugeschnitten sein oder geöffnet werden. Es ist nicht Aufgabe des Menschen mit Behinderungen sich anzupassen, um seine Rechte wahrzunehmen“, „die Normalität des gemeinsamen Lebens mit und ohne Behinderungen steigert die Lebensqualität aller Bürger“.

Von was reden wir also? Von einem Schulleiter, der die Inklusion nicht verordnet haben möchte? Von der Freiwilligkeit aller Beteiligten? Oder von den vielfältigen „Modellen“ der Inklusion (wie auch in diesem Beitrag mit der „Außenklasse“)? Oder von einer falsch verstandenen Öffnung von Schulen (bei uns in Mannheim werden in der Förderschule auch geistig behinderte Kinder unterrichtet – zum Wohle der Kinder?). Vielleicht auch von der Beliebigkeit von Kultus-Verordnungen?

Also reden wir lieber von den Möglichkeiten und Chancen für unsere Gesellschaft. Die Teilhabe „Behinderter“ jenseits von Rolli-Rampen (die wichtig sind, aber von übereifrigen Bürgermeistern schon als inklusive Maßnahmen behandelt werden) wird bestimmend sein, wie sich unsere Gesellschaft entwickeln wird. Ob wir den Diffamierungen, Beleidigungen, Stigmatisierungen und Verfolgungen gegenüber Schwächeren, Behinderten oder Alten im Alltag tatenlos zusehen, oder ob wir bereit sind, diesen Menschen überall zu begegnen. Das bedeutet auch, dass wir uns trennen müssen von der gut gemeinten Absicht, dass nur Spezialisten (zum Beispiel in Sonderschulen) in eigens dafür genutzten Gebäuden, dies tun könnten. Denn diese Spezialisten können überall arbeiten. Und sie verändern damit auch die Zusammenarbeitsformen in der Schule, die Rücksichtnahme und die Sichtweise von allen Beteiligten. Das ist Veränderung und kein Kommunismus lieber Herr Müller-Teufel!

Als Lehrer habe ich an einer Schule für Erziehungshilfe gearbeitet. Räumlich durch eine Mauer und im Pausenhof durch einen Zaun getrennt von den benachbarten Grundschülern. Außer dass sich die Kinder durch den Zaun gegenseitig angespuckt haben, fanden keine Kontakte statt. Los geht’s mit Inklusion, was sonst?

WOLFGANG RAUCH, Kronau

Ein ergreifender Bericht

■ betr.: „Wenn die Uniform sprechen könnte“, taz vom 9./10. 8. 14

Selten habe ich einen so ergreifenden Bericht zu diesem oft vernachlässigten Thema gelesen. Frau Grari legt hier endlich einmal dar, wie sich die Männer und Frauen fühlen, denen von höherer Ebene Hilfe oft schlichtweg verboten wird. Sehr gut ist auch, dass dies ohne jede Schonung geschieht; ich wüsste nicht, wie ich als Soldat in solch unmenschlichen Situationen reagiert hätte. Besonders wichtig ist die Reportage vor dem Hintergrund des Skandalurteils aus Den Haag im Fall Dutchbat, bei dem die feigen Entscheiderinnen und Entscheider im UN-Hauptquartier fein raus sind, während die Soldaten, die deren Fehlentscheidungen umsetzen mussten, vor aller Welt als Schuldige bloßgestellt werden. Wer Männer und Frauen in solche Einsätze schickt, muss ihnen auch die Entscheidungsfreiheit geben, Menschen wirklich schützen zu dürfen. OLIVER VARELMANN, Münster

Es geht um Friedenserzwingung

■ betr.: „Wenn die Uniform sprechen könnte“, taz vom 9./10. 8. 14

Mit großem Interesse habe ich die Dokumentation „Wenn die Uniformen sprechen könnten“ gelesen. Konsterniert war ich allerdings über die Tatsache, dass, wenn die Erfahrungen nicht offensichtlich sehr alt waren (Ruanda 1994), jegliche Zeitangaben fehlen und nur jemand, der/die sich wirklich gut auskennt, feststellen konnte, dass zum Beispiel bei den zahlreichen Berichten aus der Demokratischen Republik Kongo die aktuelleren Entwicklungen völlig ausgeklammert waren. Im Falle der DRC betont das Mandat der UN-Sicherheitsratsresolution 2098 vom März 2013 doch erstmals in der Geschichte der UN-Friedensmissionen, „dass ein Frieden erst geschaffen werden muss, um ihn dann halten bzw. konsolidieren zu können“.

Es geht somit um Friedenserzwingung zum Schutz der Zivilbevölkerung. Dafür wurde ein Kampfauftrag in das Mandat integriert (und im März 2014 vom Sicherheitsrat bis März 2015 verlängert), um alle bewaffneten Rebellengruppen durch den Einsatz einer 3.000 Personen starken UN-Interventionsbrigade (Force Intervention Brigade) zu „neutralisieren“. Das robuste Mandat entstand, nach Aussagen des Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs für die Demokratische Republik Kongo und Leiter der Monusco, Martin Kobler, genau aus der Frustration, die im Mittelpunkt des Artikels steht, dass nämlich die seit 20 Jahren anhaltende Spirale der Gewalt mit bisher sechs Millionen Toten durch friedenserhaltende Maßnahmen nicht unterbrochen werden konnte. BEATE WAGNER, Generalsekretärin der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e. V., Berlin

Von Schwulen lernen?

■ betr.: „Von Homos lernen“, taz vom 9./10. 8. 14

Liebe tazlerInnen, ihr habt mich dafür sensibilisiert, wie häufig Lesben im Diskurs über Homosexualität vernachlässigt werden. Und jetzt schreibt ihr unter die Titelzeile „Von Homos lernen, Was sich Heteros von Schwulen abgucken können“. Also echt jetzt!

ULRICH LÜCKE, Ludwigsburg