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Archiv-Artikel

Tanzen gegen die Sucht

120 Hauptschüler lernen in einem Modellversuch den drogenfreien Umgang mit Gefühlen und Aggressionen

Mächtige Bässe dröhnen durch die Turnhalle, Beine stampfen in Tanzschritten auf das Linoleum und Hände fliegen nach abrupten Drehungen durch die Luft. Vierzehn Jugendliche im Alter von etwa fünfzehn Jahren proben Krumping. Eine neue Art des Ausdruckstanzes mit starken Gesten und kräftigen, beinahe gewaltigen Bewegungen, erklärt die Tanzlehrerin Christine Witte. „Hier wird kräftig Dampf abgelassen.“ Die Szenen spielen sich in der Schule Helgolander Straße in Walle und in zwei weiteren Schulen in Horn-Lehe ab. Sechs Wochen lang haben 120 HauptschülerInnen aus sechs neunten Klassen in dem Projekt „Kribbeln im Bauch“ getanzt, am Wochenende haben sie gezeigt, was sie gelernt haben.

In dem Modellversuch sollen Jugendliche den Umgang mit ihren Gefühlen und Aggressionen lernen – um sich stark zu machen gegen Suchtverhalten, sagt Margrit Hasselmann vom Landesamt für Schule (LIS), das den Versuch wissenschaftlich begleitet. „Wir müssen ihnen Würde geben“ sagt Hasselmann. „Dreißig Pozent haben schon lange Erfahrungen mit Alkohol und die meisten rauchen.“ Wie erfolgreich das Projekt sei, so Hasselmann, lasse sich schon jetzt erkennen: An den Reaktionen der Schüler, die begeistert mitmachen.

Zum Beispiel die sechzehnjährige Jasmin: „Am Anfang hatte ich keinen Bock darauf – jetzt finde ich es total cool dabei zu sein.“ Der fünfzehnjährige Güler nickt. Tanzen sei keine Mädchensache. „Es befreit unheimlich und Probleme fallen einfach von einem ab“ sagt er. Der Elan überträgt sich auch auf den Unterricht: Lehrer berichten über Motivationsschübe.

Auch Schulleiter Thomas Bendlin ist beeindruckt von der Wirkung der Tanz-Arbeit. Zu bedenken gibt er, dass solche Projekte auf Sponsoren angewiesen ist, in diesem Fall die AOK. „Da wir keine Vorzeigeschule mit Vorzeigeschülern sind, ist es nicht so leicht, solche Mittel einzuwerben.“ Und selbst dann können nicht alle, die wollen, mitmachen. „Wir mussten eine Auswahl an Schülern treffen, eigentlich hätte ich jedem die Teilnahme an dem Projekt gegönnt.“ Wünschenswert sei außerdem eine längere Dauer.

Kai Erik von Ahn

Letzte Vorstellung: Schule an der Bergiusstraße, 3. März, 12.30 Uhr.