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Archiv-Artikel

Die Furcht vor der Freileitung

STROM Die Pläne zum zügigeren Netzausbau versetzen Anti-Hochspannungs-Initiativen in Niedersachsen in Sorge. Sie warnen vor der „Aushebelung der Mitbestimmungsrechte“ und fordern Erdverkabelung

Von THA
Gegen die geplante Trasse von Wahle nach Mecklar haben sich 19 Initiativen gegründet

Besorgt verfolgen Bürgerinitiativen (BIs) in Niedersachsen die Diskussionen um einen schnelleren Ausbau des Stromnetzes. 3.600 Kilometer neuer Leitungen braucht es laut Bundeswirtschaftsministerium, vor allem um Strom aus Windkraftanlagen vom Norden in den Süden zu übertragen. „Niedersachsen wird die Hauptlast tragen“, fürchtet Frank Ebbighausen von der BI „Der Ambergau wehrt sich“.

Nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sollen Genehmigungsverfahren künftig per Gesetz verkürzt werden. Gemeinden sollen Stromleitungen „im Interesse des Gemeinwohls hinnehmen“, bei Beeinträchtigungen Entschädigungen gezahlt werden. In Niedersachsen schlägt die FDP vor, Mediatoren einzusetzen. Diese könnten die Verfahren beschleunigen und „gleichzeitig die Bürgerrechte absichern“, glaubt der FDP-Umweltpolitiker Gero Hocker.

Und Hocker weiß, wie es in den Gemeinden vor Ort aussieht. Sechs Verfahren zum Ausbau des 380-Kilovolt-Netzes laufen derzeit in Niedersachsen. Allein gegen die geplante Trasse vom niedersächsischen Wahle ins hessische Mecklar haben sich 19 BIs gegründet. Auch Ebbighausen kämpft mit seiner BI gegen die Trasse. „Grundsätzlich haben wir nichts gegen den Netzausbau“, sagt er. „Strom brauchen wir, das ist klar“. Ihm gehe es um den „vernünftigen Transport“. Bislang sind für die rund 190 Kilometer lange Strecke vornehmlich Freileitungen geplant.

Die Initiativen fürchten Gesundheits- und Umweltbelastungen sowie Auswirkungen auf das Landschaftsbild und fordern die teurere Erdverkabelung mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ).

Die Pläne für ein „Netzausbaubeschleunigungsgesetz“ im Bund stoßen bei Braun und Ebbighausen gleichermaßen auf Unmut. Sie sprechen von „bürgerfeindlicher Politik“, der „Aushebelung von Mitbestimmungsrechten“. Auch den Mediatoren-Vorschlag der Niedersachsen-FDP sehen sie kritisch: „Die könnten auch nichts anders tun, als Entschädigungszahlungen zu vermitteln“, sagt Braun.

Denn die geforderten HGÜ-Leitungen sind für die Trasse Wahle-Mecklar bislang nicht geplant. Fünf Vorschläge der Betreiberfirma Trennet für den Trassenverlauf werden derzeit in einem Raumordnungsverfahren geprüft, Mitte des Jahres soll der genaue Verlauf festgelegt werden. „Für uns“, sagt Braun, „ist jetzt schon klar, dass das Verfahren keine Lösung bringen wird, mit der wir leben können“. THA