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: Vom Wert des Protests

Mein Nachbar ist ein freundlicher Mensch. Er ist ein großer kräftiger Mann, aber man denkt trotzdem, dass man auf ihn aufpassen muss, weil ihn die anderen sonst in seiner Gutmütigkeit übertölpeln. Manchmal gehen wir zusammen laufen und er entschuldigt sich, wenn er krank ist und nur drei Runden packt.

Als wir das letzte Mal liefen, sagte er, dass er morgen zum Gericht müsse, um auszusagen. Es ging um einen Betriebsunfall, ein Kollege war vor einigen Jahren bei der Arbeit verunglückt und ein anderer wird beschuldigt, nicht sorgfältig genug gewesen zu sein. Mein Nachbar sagte, er könne sich kaum noch erinnern. Er sagte, die Gerichte seien doch bescheuert. Ich hielt eine Ansprache zur Notwendigkeit gerichtlicher Aufklärung. Über die Suche nach der Wahrheit und die Pflicht, daran mitzuwirken.

„Das ist doch klugscheißerisch“, sagte mein Nachbar, der sich sonst entschuldigt, bevor er „Scheiße“ sagt. Er sagte, dass das Unternehmen die Leute nicht mehr schule. Dass es sich nur darum drücken wolle, die Hinterbliebenenrente zu zahlen. Und er sagte noch, dass der beschuldigte Kollege wieder bei ihnen arbeite. Ich sagte etwas vom Wert des Protests und dass man sich doch an den Betriebsrat wenden solle und dass nur so sich etwas verändere und redete zu viel.

Mein Nachbar sagte, dass kürzlich zwei Kollegen für einen Auftrag zu lang gebraucht hätten. Es ging nicht um viel Zeit. Ein paar Minuten. Man habe ihnen noch auf der Baustelle gekündigt. GRÄ