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Archiv-Artikel

Ikone auf dem Markt

Vor dem finalen Auftritt der Bremer in der Champions League beim FC Barcelona steht einmal mehr Miroslav Klose im Zentrum des Interesses – lange wird er wohl nicht mehr an der Weser spielen

AUS BARCELONA FRANK HELLMANN

Das Hotel Rey Juan Carlos I ist die perfekte Stelle, um Barcelona zu besuchen. Die fünfzehnstöckige Fünf-Sterne-Herberge am Ende der Geschäfts- und Einkaufsmeile Avenida Diagonal steht inmitten jahrhundertealter Gartenanlagen, die 412 Zimmer bieten einen traumhaften Ausblick auf die katalanische Metropole, der beheizte Außenpool ist das ganze Jahr geöffnet. Hier ist der Tross von Werder Bremen gestern nach dem zweistündigen Flug mit einer Chartermaschine abgestiegen, um sich auf das heutige Match des Jahres vorzubereiten.

Endspiel in der Champions League beim FC Barcelona (20.45 Uhr, Premiere) – ein Remis in Nou Camp reicht zum Weiterkommen. „Da sitzen 100.000 Menschen, die nichts anderes erwarten, als dass der Titelverteidiger auf keinen Fall ausscheidet“, erklärt Bremens Sportdirektor Klaus Allofs, „aus dieser Situation können wir einiges machen.“

Vor allem auch Miroslav Klose: Der finale Showdown der Gruppe A ist vielleicht auch seine letzte Möglichkeit auf der ganz großen Bühne. Franz Beckenbauer hat den Bremer bereits als „Klosinho“ tituliert – nun steht der direkte Vergleich gegen Ronaldinho, wie Klose eine Werbe-Ikone bei Nike, an. Werders Spielmacher Diego, der jüngst gemeinsam mit dem Barça-Superstar in der Seleçao auflief, betont: „Klose ist einer der besten Stürmer, mit denen ich je zusammengespielt habe.“ Für Torwart Tim Wiese gar derzeit der beste Angreifer, „der in ganz Europa rumläuft“.

Der 28-Jährige hat nunmehr gerade sein 50. Werder-Tor fabriziert und ist auf bestem Wege die Torquote von Rudi Völler zu übertreffen. Allerdings: Gegen die ganz „Großen“ tut er sich sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft mit der Torproduktion schwer. Diese Saison hat Klose in der Königsklasse noch gar nicht getroffen, ist grundsätzlich gar gegen Kaliber wie Chelsea, Barcelona, Juventus, Inter oder Lyon leer ausgegangen. Und auch in der DFB-Auswahl haftet seinen 33 Toren der Makel an, dass sie – abgesehen vom 1:1 im WM-Viertelfinale gegen Argentinien – nicht gegen die namhaften Gegner zustande kamen.

Seine Treffer feiert der WM-Torschützenkönig derzeit mit drei gestreckten Fingern und einen geformten Kreis. „Das hat damit zu tun, dass es drei Menschen gibt, die mir sehr wichtig sind. Die sitzen alle auf der Tribüne“, erklärt Klose und meint wohl Ehefrau Sylwia und seine Zwillinge Luan und Noah. Beinahe als familiärer Ratgeber fungiert auch Berater Alexander Schütt, der den Wechsel des sogar jüngst von Pelé gepriesenen Stürmers vorantreibt.

Der ehemalige SWR-Mitarbeiter ist Novize auf diesem Gebiet – und ein Klose-Verkauf wäre sein erster großer Deal. Direkt nach dem Barcelona-Spiel beginnen die ersten Gespräche mit Werders Vereinsführung. „Wir werden nicht nur über das Wetter sprechen“, sagt Schütt. Und selbst wenn Werder bereit wäre, Klose ein Rekordangebot mit mehr als 5 Millionen Euro Jahresgehalt zu offerieren, stehen die Zeichen auf Abschied. Unter Insidern gilt als sicher, dass Klose seinen bis 2008 laufenden Kontrakt an der Weser nicht erfüllt.

Sportdirektor Klaus Allofs gibt zu: „Wenn Miro es will, beschäftigen wir uns mit Anfragen.“ Und er ergänzt: „Sollten wir einmal ohne ihn auskommen müssen, werden wir sicher nicht depressiv, sondern suchen uns einen neuen Stürmer, der sich ähnlich wie Klose entwickeln kann.“

„In den Gesprächen werden wir sehen, ob wir Lichtjahre voneinander entfernt sind – oder ob wir weitersprechen sollten“, sagt Klose. Möglichst im Winter möchte er Klarheit. Und er hat nicht vergessen, dass ihm nach der WM der Verein einen Wechsel untersagt hat. Auffällig oft fällt sein Satz: „Die Angebote sind alle zu mir vorgedrungen. Aber ich konnte nichts machen.“ Angeblich gibt es ein Agreement, dass der sommers massiv umworbene Topstar (Allofs: „Das haben wir in Absprache mit ihm kleingehalten.“) nun 2007 bei einem Angebot aus dem Ausland wechseln darf – gegen eine Ablöse in einer Höhe von 20 bis 25 Millionen Euro versteht sich, einer Summe, die Klubs wie Chelsea, Barcelona oder Mailand spielend bezahlen können. Der gebürtige Pole gibt sich trotz der vertrackten Gemengelage gelassen: „Es war schon oft in meiner Karriere so, dass die zweite Chance die bessere war.“

Nun hat auch Juventus Turin offiziell sein Interesse angemeldet, will jedoch angeblich nur 15 Millionen Euro zahlen, um mit Klose beim Wiederaufstieg in die Serie A anzugreifen. Juves neuer Sportdirektor Alessio Secco soll demnächst zu Verhandlungen nach Bremen reisen. Konkret jedoch sei, beteuert Allofs unentwegt, noch gar nichts.

Aber: Klose braucht nur noch in Barcelona zu treffen, dann könnten aus den kolportierten Gerüchten schnell reale Geschichten werden.