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Archiv-Artikel

Diplomaten unter Beschuss

Tamilenrebellen greifen im Osten Sri Lankas eine Gruppe ausländischer Botschafter an

Von BY

BERLIN rtr/taz ■ Der deutsche Botschafter in Sri Lanka, Jürgen Weerth, ist gestern knapp einem Angriff tamilischer Rebellen entgangen. Weerths Kollege aus Italien und zwölf weitere Personen wurden leicht verletzt, als eine Diplomatengruppe im östlichen Bezirk Batticaloa nach der Landung ihres Hubschraubers unter Beschuss geriet. Erst im Januar hatte die Regierungsarmee in dem Gebiet um Batticaloa eine Hochburg der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) eingenommen. Der gestrige Beschuss war der erste bekannte Angriff auf westliche Gesandte seit dem Beginn des Unabhängigkeitskampfes der LTTE im Jahr 1983.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft verurteilte den Angriff. „Auch vor dem Hintergrund dieses ernsten Zwischenfalls bleibt die Europäische Union besorgt über die Entwicklung Sri Lankas und fordert beide Seiten nachdrücklich zur umgehenden Einstellung der gewalttätigen Auseinandersetzungen auf“, erklärte die Ratspräsidentschaft.

Teilnehmer der Delegation waren auch die Botschafter Frankreichs und Japans sowie der UN-Vertreter in Sri Lanka. In Begleitung des sri-lankischen Menschenrechtsministers Mahinda Samarasinghe wollten die Diplomaten Hilfsmöglichkeiten für die zehntausenden Vertriebenen in der Region erkunden.

Ein Militärsprecher warf den Rebellen „kaltschnäuzige Missachtung“ der Lage der Zivilisten in der Region vor. Die Rebellen bedauerten den Vorfall. Allerdings sei die Armee dafür verantwortlich, weil sie die Diplomaten in ein Kriegsgebiet gebracht und die Rebellen darüber nicht informiert habe.

Der vor fünf Jahren ausgehandelte Waffenstillstand in Sri Lanka existiert nur noch auf dem Papier. Die Tsunami-Katastrophe Ende 2004 und die internationale Hilfe hatte zunächst Hoffnung auf eine „Friedensdividende“ genährt. Seit Ende 2005 sind die Kämpfe eskaliert. Über 4.000 Menschenleben forderte der Krieg seitdem. Wie wenig Hoffnung auf eine Einigung derzeit besteht, demonstrierte jüngst Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapaksa, als er erklärte, der Waffenstillstand sei ein „Fehler“ gewesen, denn er habe die LTTE-Terroristen formell anerkannt. BY