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Archiv-Artikel

Wenig soziale Demokraten

REGIERUNGSERKLÄRUNG Olaf Scholz bleibt in vielem vage: Seine Kitapolitik ist auf Berufstätige fixiert. Wann die Studiengebühren wegfallen, lässt er offen

Die Regierungserklärung von Olaf Scholz ist kein Papier, das sich eignet, später Versprechen anzumahnen. Es ist kein detailliertes Programm, vieles wird nur gestreift. Zum Beispiel, was der neue Arbeitssenator Detlef Scheele (SPD) tun soll.

Man will eine „große Qualifizierungsoffensive beginnen“ und künftig Unternehmen damit betrauen, Menschen ohne Berufsabschluss zu qualifizieren. Das ist alles zur Arbeitsmarktpolitik. Kein Wort darüber, was aus den zuletzt schon arg zusammengekürzten Ein-Euro-Jobs wird. Oder über die Zukunft der auf benachteiligte Menschen spezialisierten Träger.

Konkret wird Scholz bekanntlich beim Wahlkampf-Schlager Kita-Gebühren. Die letzte Erhöhung soll zum August wegfallen, ein Basisanspruch von fünf Stunden „schrittweise gebührenfrei“ werden. Der Bürgermeister will dafür sorgen, dass „gerade berufstätige Eltern“ eine bessere Kita-Infrastruktur vorfinden. Auch der Ausbau der Ganztagsschulen soll „berufstätigen Eltern“ helfen. Dabei blendet Scholz aus, dass das Kita-System seit 2004 einzig auf die Ansprüche dieser Gruppe zugeschnitten ist. Die Lage von Kindern nicht berufstätiger Eltern, ein Steckenpferd der SPD zu Oppositionszeiten, spricht er nicht an. Hier hatte Schwarz-Grün mit der Hortreform mehr versprochen: Jedes Schulkind sollte nachmittags eine Gratis-Betreuung bekommen.

Es finde sich insgesamt wenig zum Sozialen, kritisiert die GAL-Politikerin Christiane Blömecke: „Familie wird auf Kita reduziert. Jugendhilfe auf Jugendgewalt. Und der Bereich Pflege oder Kinderarmut kommt gar nicht vor.“ Das sei für eine sozialdemokratische Partei bedenklich. Hellhörig sind auch studentische Gruppen, weil die Abschaffung der Studiengebühren erst „im Laufe der Legislatur“ kommen soll.

Ein tolles Versprechen macht Scholz der Jugend: Jeder junge Erwachsene soll entweder Abitur oder einen Berufsabschluss erwerben. So ein Vorhaben sei mit Schuldenbremse und Sparpolitik nicht zu vereinbaren, meint die GEW, und umgarnt die drei mit Schule, Hochschule und Kita betrauten Senatoren freundlich. Ties Rabe, Dorothee Stapelfeld und Detlef Scheele (alle SPD) seien alle drei „Fachleute“, die den Hamburger Bildungsbetrieb gut kennten. Ihnen stünden „harte Zeiten bevor“. KAIJA KUTTER