: Der Zweikampf geht weiter
SUPERCUP Beim 0:2 gegen Dortmund präsentiert sich Bayern München noch WM-geschwächt. Der BVB zeigt sich wieder mal als zweite Kraft mit dem Potenzial zu mehr
PEP GUARDIOLA
AUS DORTMUND FELIX MEININGHAUS
Es ist immer wieder frappierend zu beobachten, wie unterschiedlich Jürgen Klopp und Pep Guardiola in ihrer Außenwirkung sind: links der Dortmunder im gelben Trainingsanzug und mit Käppi, der seine Gefühle mit jeder Faser seines Körpers auslebt. Rechts daneben der distinguierte Katalane im feinen Zwirn, der seine Sätze ruhig und gedankenschwer formuliert.
Nach dem Supercup war die Diskrepanz zwischen den Protagonisten der hiesigen Trainergilde noch deutlicher zu erkennen.
Guardiola saß zusammengekauert auf dem Podium des Presseraums im Dortmunder Stadion und erlaubte Einblicke: Der Mann macht sich Sorgen. Große Sorgen. Es ist nicht in erster Linie die 0:2-Niederlage gegen den BVB, die den 43-Jährigen umtreibt. Es ist der physische Zustand seiner Mannschaft und die Ungewissheit, wie lange es dauert, bis der Branchenführer wieder mit der gewohnten Dominanz auftreten kann. „Wir brauchen Zeit, um zu trainieren“, sinnierte Guardiola, „wir sind in unserer Vorbereitung einen Monat zurück.“ Und dann noch einmal: „Wir brauchen Zeit, die wir nicht haben.“
Bayerns Trainer führte aus, dass Boateng, Dante oder Lahm nach der Rückkehr aus dem WM-Urlaub gerade einmal vier Trainingseinheiten absolviert hatten, bevor sie vor 80.000 Zuschauern im Dortmunder Stadion im Supercup antraten. Andere Stützen wie Robben und Schweinsteiger waren gar nicht im Kader, Thomas Müller stand zwar eine Halbzeit auf dem Rasen, wirkte aber, als befände er sich noch im Ferienmodus.
Es ist der Fluch der guten Tat, der die Münchener nun einholt: Sechs Akteure standen gegen Argentinien im WM-Finale und kehrten als Helden in die Heimat zurück. Dazu kommen noch Dante, Robben und Shaqiri, die mit Brasilien, Holland und der Schweiz ebenfalls lange im Wettbewerb waren. Kein anderer Klub hat in Europa eine solche Belastung zu verkraften.
Während Kapitän Philipp Lahm die Ansicht vertritt, da werde „in den nächsten Wochen sehr viel mehr kommen, weil wir einen Kader mit super Qualität haben“, stuft sein Chef die Lage bedeutend ernster ein. „Wir werden Probleme bis zur Winterpause haben“, prognostizierte Guardiola und zog die Stirn in Falten: „Erst in der Rückrunde werden wir in unserer besten Form sein.“ Zu Niederlage und schwachem Auftreten kam auch noch die Hiobsbotschaft, dass sich Javier Martinez wahrscheinlich schwer verletzt hat. „Zu 99 Prozent ein Kreuzbandriss“, verkündete der Manndecker auf seiner Facebook-Seite. Wenn nicht das eine Prozent Hoffnung sich durchsetzt, wäre das „langfristig eine Katastrophe für uns“, sagte Torhüter Manuel Neuer.
Während der Bayern-Tross betrübt den Rückzug antrat, herrschte im schwarz-gelben Lager Hochstimmung. Die beiden letzten Finalniederlagen gegen Bayern hatten Wunden gerissen. Vor allem das Champions-League-Finale von Wembley, aber auch der unglückliche Verlust des Pokalfinals.
„Es gibt wirklich Schlechteres, als mit einem Titelgewinn in die neue Saison zu starten“, sagte Außenverteidiger Erik Durm. Die Dortmunder präsentierten schon wieder diese Wucht, die ihr Spiel in den letzten Jahren so beeindruckend gemacht hat. Zudem war viel von dem zu beobachten, was sich Klopp und seine Helfer für den auf vier Positionen erneuerten Kader im taktischen Bereich zurechtgelegt haben: Klopp ließ mit Aubameyang und Neuzugang Ciro Immobile zwei Stürmer ran, die einen glänzenden Eindruck vermittelten. Dahinter agierte eine Raute, die von Jonas Hofmann auf der Zehn angeführt wurde, der zeigte, dass der BVB sogar den Ausfall eines Marco Reus kompensieren könnten. „Sie waren griffiger, sie haben uns gut attackiert und angelaufen“, analysierte Neuer.
Im Lager des BVB hat sich die Erkenntnis verfestigt, „dass wir uns vor keinem zu verstecken brauchen“, wie Durm betonte: „Man hat gesehen, dass wir Bayern immer auf Augenhöhe begegnen.“