: Mit Power aus der Krise
Airbus-Chef Gallois legt Sparprogramm offiziell vor. An den norddeutschen Standorten sollen 3.700 Arbeitsplätze abgebaut werden. Hamburg behält den A 380, Nordenham wird verkauft, Varel steht vor ungewisser Zukunft
Der krisengeschüttelte europäische Flugzeugbauer Airbus will in den kommenden vier Jahren 3.700 Stellen in Deutschland abbauen. Das teilte Konzernchef Louis Gallois gestern Nachmittag in Toulouse mit. Für das Werk Nordenham in Niedersachsen solle ein „industrieller Partner“ gesucht werden, mögliche Investoren hätten bereits „unaufgefordert Angebote“ unterbreitet.
Das benachbarte Werk in Varel stehe „zur Disposition“. Dafür sollen „verschiedene Möglichkeiten ausgelotet“ werden. Die rund 3.500 Beschäftigten an den beiden Standorten reagierten auf diese Nachricht auf ihre Weise: Sie legten spontan die Arbeit nieder.
Airbus wolle jedoch, so Gallois, bei der Vorlage des Sanierungsprogramms „Power 08“, keine Arbeitnehmer entlassen. Der Stellenabbau solle durch natürliche Fluktuation, Vereinbarungen über freiwilliges Ausscheiden und weitere Maßnahmen erfolgen. „Bislang sieht das Management keine Notwendigkeit für Entlassungen“, erklärte der Airbus-Chef.
Der deutsche Gesamtbetriebsrat und die IG Metall reagierten ebenfalls enttäuscht: „Der Kampf um die Zukunft von Airbus in Deutschland hat jetzt erst begonnen.“ Der Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende, Rüdiger Lütjen, sagte in Toulouse: „Wir werden das Konzept des EADS Boards so nicht akzeptieren. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz. Darüber hinaus werden wir die Beibehaltung aller Standorte in Deutschland entschieden einfordern.“
Das deutsche Hauptwerk Hamburg, in dem etwa 1.000 Stellen entfallen sollen, erhält „unverzüglich“ eine dritte Endmontagelinie für das Modell A 320. Dieser Verkaufsschlager wurde bislang ausschließlich in Toulouse endmontiert, während in Hamburg die Schwestermodelle A 318, A 319 und A 321 gebaut werden. Toulouse bekommt im Gegenzug die Endmontage für das neue Langstreckenflugzeug A 350. Airbus wird das neue Riesenflugzeug A 380 sowohl in Hamburg als auch in Toulouse ausliefern.
Der Hamburger Senat sieht durch diese Pläne den Standort an der Elbe „gestärkt“. Die von vielen befürchteten Schreckensszenarien mit einer möglichen Verlagerung der A 380-Produktion sowie einem Technologieverlust sei nicht eingetreten, freute sich Bürgermeister Ole von Beust (CDU).
Auch Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) zeigte sich erleichtert. Sein Kernanliegen, die Flügelausrüstung, bleibe auch für den A 350 im Bremer Werk. Dieses ist nach Hamburg mit 3.500 Mitarbeitern der zweitgrößte Airbus-Standort in Deutschland.
Dagegen kritisierte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), dass die Standorte in Varel und Nordenham aus dem Unternehmen herausgelöst werden sollen. Es handele sich noch nicht um endgültige Entscheidungen, behauptete Wulff und kündigte weitere Gespräche mit Konzernleitung und Betriebsräten an. AFP/DPA/TAZ
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