: Neue Chance für Frauen und kleine Parteien
CHILE Präsidentin Bachelet reformiert das Wahlgesetz, das noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur stammt
BUENOS AIRES epd | Chile reformiert sein Wahlgesetz aus der Zeit der Pinochet-Diktatur (1973–1990). Nach einer langen Sitzung stimmte das Abgeordnetenhaus in der Nacht auf Donnerstag für die Abschaffung des binominalen Wahlgesetzes. Hatten bisher lediglich Kandidaten von zwei großen Parteienkoalitionen Chancen auf einen Sitz im Kongress, so können zukünftig auch unabhängige Kandidaten und Vertreter kleinerer Parteien den Sprung ins Parlament schaffen.
Das binominale Wahlsystem war von Diktator Augusto Pinochet in den letzten Monaten seiner Amtszeit eingeführt worden, um die befürchtete Macht der Mitte-links-Parteien einzuschränken. Seitdem erhielt in jedem Wahlkreis nur der Kandidat mit den meisten Stimmen ein Mandat, das zweite ging an den bestplatzierten Kandidaten des zweitstärksten Bündnisses. Als Konsequenz bestimmten lediglich zwei große Koalitionen aus Mitte-links- und Mitte-rechts-Parteien den Wahlausgang. Künftig sollen dem Abgeordnetenhaus 155 Delegierte angehören, 35 mehr als bisher. Dagegen wird die Zahl der Wahlkreise auf 28 verringert, um die Chancen von dritt- und viertplatzierten Kandidaten zu gewährleisten. Auch die Anzahl der Senatorenmandate wird erhöht, von 38 auf 50. Zudem wird eine Geschlechterquote eingeführt: Höchstens 60 Prozent der Kandidaten einer Liste dürfen dem gleichen Geschlecht angehören.
Mit der Änderung des Wahlgesetzes ist eines der wichtigsten Reformversprechen der neuen Präsidentin Michelle Bachelet umgesetzt worden. Die noch ausstehende Zustimmung des Senats gilt als sicher. Michelle Bachelet hatte am 11. März das Präsidentenamt zum zweiten Mal übernommen. Die Sozialistin hatte im Wahlkampf grundlegende Reformen versprochen. So soll auch eine Verfassungs-, Steuer- und Bildungsreform auf den Weg gebracht werden.