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Archiv-Artikel

32-jährige Rabbinerin Alina Treiger in ihr Amt eingeführt

JUDENTUM Treiger erhielt als erste Rabbinerin nach dem 2. Weltkrieg ihre Ausbildung in Deutschland

OLDENBURG epd/dpa | Die erste im Nachkriegsdeutschland ordinierte Rabbinerin, Alina Treiger, ist am Sonntag in Oldenburg vor 300 Gästen in ihr neues Amt eingeführt worden. Als Symbol der Amtsübernahme überreichte der Braunschweiger Landesrabbiner Jonah Sievers der 32-Jährigen die Oldenburger Thorarolle. Treiger hatte im Vorfeld betont, sie wünsche sich, dass sich die jüdischen Gemeinden „nicht nur über die Schoah, Verfolgung und Pogrome“ definierten, denn das Judentum lebe weiter.

Treiger stammt aus der Ukraine. Ihre Ausbildung hat sie am liberalen Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam erhalten. Mit 20 Jahren entschied sie sich, nach Deutschland zu kommen, um Rabbinerin zu werden. Ihr Weg dahin war nicht selbstverständlich: In ihrem Elternhaus in Poltawa in der Ukraine habe Religion keine Rolle gespielt, erzählt sie. „Es gab keine Gebete, keine Synagoge, keine Rabbiner.“ Dass sie Jüdin war, sei ihr durch Feste, Hochzeitsbräuche und Erzählungen von Verwandten jedoch seit ihrer Kindheit klar gewesen.

Dann kam der Zusammenbruch der Sowjetunion, und das jüdische Leben wurde lebendiger. Bei ihrer ersten Sabbatfeier, erinnert sich Treiger, wusste niemand, was man genau tun muss. Es wurden Lieder gesungen, von denen sie erst viel später erfuhr, dass es Gebete waren. Da wollte sie mehr über die jüdische Religion wissen, hat sich in Gemeinden engagiert und das Reformjudentum kennengelernt. Anders als bei den orthodoxen Juden dürfen hier auch Frauen Ämter übernehmen.

Nach ihrer Ausbildung wurde Treiger, die neben Deutsch, Hebräisch und Ukrainisch auch Russisch und Englisch spricht, im vergangenen Jahr in Berlin ordiniert. Seither betreut sie die Jüdischen Gemeinden in Oldenburg und Delmenhorst, die insgesamt rund 500 Mitglieder haben. Die meisten von ihnen stammen aus der ehemaligen Sowjetunion.

In Deutschland gibt es bereits drei weitere Rabbinerinnen. Sie wurden allerdings in anderen Ländern ausgebildet und erhielten dort ihre Anerkennung.