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Archiv-Artikel

Der trojanische Slot

POSTHUM Auf Twitter taucht ein neues Video von Michael Jackson auf – eine krude Werbestrategie

Michael Jackson hat ein neues Video veröffentlicht. „It’s time! The first ever premiere of ‚A Place With No Name‘ right now on Twitter“, diese Nachricht erschien am Mittwochabend auf dem Profil des 2009 verstorbenen Weltstars. Das Stück stammt von seinem zweiten posthum veröffentlichten Album „Xscape“, das im Mai dieses Jahres erschien. Das Besondere an dieser Nachricht liegt nicht unbedingt darin, dass ein Musiker, der seit fünf Jahren tot ist, sich live über den Kurznachrichtendienst zu Wort meldet. Dass die Nachricht eigentlich aus der Feder der zuständigen Plattenfirma Epic Records stammt und das Ganze ein viraler Marketingtrick ist, dürfte die Mehrheit der über 1,6 Millionen Follower wissen.

Das Spezielle liegt im Format: einem Video auf Twitter. Der Kurznachrichtendienst ist bislang dafür bekannt, Inhalte in Linkform zu verbreiten. Seit 2012 ist es jedoch möglich, Videos direkt in Tweets einzubetten, sodass man sie direkt auf der Zeitleiste des jeweiligen Nutzers ansehen kann. Mit der Veröffentlichung des Michael-Jackson-Videos soll auf diese Funktion hingewiesen werden – damit sie in Zukunft vielleicht mehr genutzt wird. Die Nutzer sollen sich an Videos gewöhnen. Warum? Damit sie darüber mehr Werbung sehen.

Das Unternehmen möchte mehr Einnahmen über sogenannte Promoted Slots generieren. Mit dem hauseigenen Programm Twitter Amplify können Firmen Werbekampagnen über den Kurznachrichtendienst organisieren.

Die Plattenfirma und der Kurznachrichtendienst unterstützten sich mit der Videopremiere gegenseitig in ihren Vermarktungsstrategien: Twitter verbreitete die exklusive Premiere über den eigenen Account und legte um zusätzliche Aufmerksamkeit zu generieren eine Weltkarte an, die dokumentiert, welche Hits von Michael Jackson in welchen Teilen der Erde im letzten Jahr am häufigsten in Tweets erwähnt wurden. Im Gegenzug kann Twitter die enorme Reichweite der Werbeaktion von Epic Records nutzen, um die Fans für die Videos zu begeistern.

In allen sozialen Netzwerken musste man sich in den letzten Jahren an mehr Videos und auch an mehr Werbung gewöhnen. Die Reklame verschmilzt dabei mit den persönlichen Kommunikationskanälen und den Inhalten, auf die man eigentlich zugreifen möchte. „Sowohl Twitter als auch Facebook integrieren Video immer tiefer in die allgemeine Nutzererfahrung“, sagte Mark Mulligan, Redakteur des Music Industry Blog, der BBC. „Die Toleranz von und die Erwartungen an Videos steigen gleichzeitig.“ Er glaubt nicht daran, dass die Nutzer sich für all die Werbung in ihren sozialen Netzwerken entscheiden würden, wenn man sie wählen ließe, gleichzeitig hat das Wachstum an Werbung den Erfolg der Plattformen nicht geschmälert.

TABEA KÖBLER