Botschaften vom Imperium

Die große Weltverschwörung kommt über die Mail-Programme in unsere Wohnungen

Selbstverständlich funktioniert mein Ausgang, jedenfalls oft genug

Mich erreichen andauernd merkwürdige Botschaften außerirdischer Lebensformen, meist über den Computer: „Fehler 2977“, „Bitte prüfen Sie den Bus“, „Ihr Ausgang funktioniert nicht“. Selbstverständlich funktioniert mein Ausgang immerzu, jedenfalls oft genug, und es geht nur darum, mich fertigzumachen. Weltverschwörung! Ha!

„Keine ausstehenden Zeitpläne vorhanden“, meldete mein E-Mail-Programm in einer Tour, sobald man es Elektropost abholen schickte, als ich noch einen Internetzugang hatte. Obwohl das einerseits eine beruhigende Botschaft ist, wurde ich anderseits stets nervös, weil ich überhaupt nicht wusste, wovon die Rede war. Vielleicht sollten doch besser Zeitpläne vorhanden sein, die sind ja an sich nicht schlecht …

Die Weltverschwörung besteht hauptsächlich darin, uns allen gnadenlos die Zeit zu stehlen und uns dadurch an der Revolution zu hindern. Das beginnt mit Talkshows und „Deutschland sucht den Superstar im Dschungel“, geht weiter über die Fußball-Bundesliga, die es irgendwann an zehn Tagen pro Woche im Fernsehen geben wird, und endet damit, dass der Nachmittag auch im Eimer ist, weil ich nach einem sinnlos vergrübelten Vormittag immer so müde werde. Falls ich doch mal fit bin, drangsaliert mich die Weltverschwörung mit Fragebögen und Amtsakten. „Wurden Zeiten und Sachverhalte im Beitrittsgebiet abgelegt?“, fragte mich jüngst die Bundesversicherungsanstalt per Vordruck. „Woher soll ich das wissen?“, schrieb ich zurück. Das gab Minuspunkte bei der Rentenberechnung, aber vor allem quält mich jetzt auch noch die Frage, wer wo die Zeiten und Sachverhalte hingetan hat und wieso die Versicherungsheinis das nicht unter sich klären können. Denn das fragen die jeden! Ich renne doch auch nicht im Dorf herum und piesacke alle: „Wurde meine Uhr auf der Straße verloren? Wurde mein Pullover im Edeka abgelegt?“

Wenn man von dem ganzen Quatsch noch nicht ausreichend ruhiggestellt wurde und plötzlich vor Unternehmungslust aus- oder umzieht, wird es ganz schlimm. Dann schlägt das Imperium zurück. Das Imperium verteilt sich auf viele Großunternehmen. Bei einigen (Stromversorgung) ist man plötzlich zweimal vorhanden, hat verschiedene Kundennummern und bekommt zwei Rechnungen über denselben Vorgang, die aber merkwürdigerweise unterschiedlich hoch ausfallen. Bei anderen ist man komplett gestorben – Telekom! Telekom!

Seit einigen Jahren ist ja die Telekom-Anekdote zu einer eigenen Literaturgattung aufgestiegen. Ich werde demnächst eine ganze Novelle beizusteuern haben: Wie ein Paar trotz erheblicher Differenzen wieder zusammenfand, weil sich die Telekom weigerte, beiden einen Internetanschluss freizuschalten, obwohl einer ausgezogen war und beide teuer Geld dafür zahlten.

Allen Großunternehmen eigen ist aber die Angewohnheit, sogenannte Lästige (früher: Kunden) in Call-Centern zu drangsalieren. Während ich mir Warteschleifen in die Haare flechte, weiß ich schon, dass ich gleich – das heißt, nach mindestens einer Viertelstunde Fahrstuhlmusik und erniedrigenden Dialogen mit einer Maschine – mit jemandem sprechen werde, der entweder inkompetent ist oder keine Befugnisse hat. Er hat auch keine Befugnisse, mich an jemanden mit Befugnissen weiterzuleiten. Er ist nur dazu da, mich abzuwimmeln und meine verbalen Prügel dafür einzukassieren. Wahrscheinlich bekommt er dafür im Monat weniger Geld, als meine ungenutzte DSL-Flatrate kostet. Wahrscheinlich wurde er schon vor Jahren im Beitrittsgebiet abgelegt.SUSANNE FISCHER