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Archiv-Artikel

Hinaus in die große Welt

Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU) strebt nach einem höheren Amt in Politik oder Wirtschaft – obwohl sie in ihrer Partei kaum Unterstützung hat. Ist diese Frau besonders mutig? Oder verrückt?

AUS MÜNCHEN MAX HAEGLER

„Wir wissen auch nichts … Ich kann sie zum Büroleiter durchstellen …“ Wer gestern in Erfahrung bringen wollte, was jetzt schon wieder los ist in der bayerischen Personalpolitik, kam zumindest im Fürther Landratsamt nicht weiter. Am Montagnachmittag hatte die derzeit berühmteste Fränkin, Gabriele Pauli, einen weiteren Haken geschlagen, der alle verwirrt. Ihre Mitarbeiter und das politische Bayern. 2008 wird ihr letztes Jahr als Fürther Landrätin sein, teilte sie mit. Ein viertes Mal will die 49-Jährige nicht mehr zur Wahl antreten. „Der Job füllt mich zwar voll aus, aber eine Herausforderung ist er nicht mehr.“ In die freie Wirtschaft will sie gehen, oder aber „ein höheres politisches Amt“ bekleiden.

Irgendwie Stoiber gestürzt

Persönlich nachvollziehbar. Pauli kümmert sich seit 17 Jahren – ausgestattet mit besten Wahlergebnissen – um Feuerwehrhäuser, Bebauungspläne und sonstiges kommunales Klein-Klein. In den letzten Wochen hat sie eine andere Welt erlebt. Eine Welt, in der sie Macht entfalten kann über den Landkreis hinaus, allein durch ein beherztes Auftreten und eine klare Haltung. Denn es stimmt schon, irgendwie hat Gabriele Pauli den Ministerpräsidenten gestürzt. Da gab es ihr Anti-Stoiber-Internetforum und da gab es die Spitzelaffäre.

Bei der man übrigens einmal genau hinschauen sollte: Stoiber ist wegen seiner eigenen Unbedarftheit und seines patriarchalischen Verhaltens über Pauli gestolpert. Er hat sich selbst zu Fall gebracht, indem er es zuließ oder gar veranlasste, dass sein Büroleiter zum Spitzel wird. Gabriele Pauli hat ihren Teil dazu beigetragen, in dem sie sich lauthals gewehrt hat. Das war gut, richtig und vielleicht auch mutig, aber noch keine politische Großtat.

Jedenfalls hat sie es mit ihrem Mut in sämtliche Zeitungen und Sonntags abends bis zu Sabine Christiansen gebracht. Eben in eine Welt, in der man einen Pressesprecher braucht. Aber es ist eine Welt, in der für eine Landrätin nur so lange Platz ist, bis der Täter gefallen ist. Der Spitzel Höhenberger musste gehen, schon danach wurde es stiller um Pauli. Und schließlich fiel auch noch Stoiber, der den Mist letztendlich zu verantworten hatte, der sich nicht entschuldigen wollte und dem seine schlecht gelaunten Weggefährten dann immer mehr Steine in den Weg legten. Von Pauli war seitdem keine Rede mehr.

Bis sie zum Politischen Aschermittwoch nach Passau kam. Um genau zu sein, kam sie zweimal. Sie war schon in der Halle, drehte wieder um und ging nochmals, durch den Eingang, an dem die TV-Teams bereitstanden. So als ob sie diese Gefährten aus der anderen Welt brauchte. „Rote Hexe“ und „Pauli raus“ schallte ihr entgegen vom betrunkenen Publikum, so laut und energisch, dass am Ende des bierseeligen Vormittags auf dem Weg nach draußen Leibwächter statt TV-Teams an ihrer Seite waren.

Allein unter Feinden

Ihr forsches Auftreten hatte die Menschen schon im Dezember erschreckt, das ewige Nachbohren und Lächeln, obwohl höchstens ein Halbdutzend Parteifreunde an ihrer Seite standen. Und jetzt wagte sich diese Frau auch noch zur Abschiedsrede des Mannes, dessen Sturz sie ausgelöst hatte. Ist Pauli verrückt? Mutig? Jedenfalls ist sie nicht berechenbar.

Wieder war es die Haltung, allein im umtobten Feindesland, mit der Pauli für ein paar Tage auf sich aufmerksam machte. Das Land begann sich zu solidarisieren mit der Vertriebenen. Aber wieder reagierte sie unerwartet: Wer über das Verhalten der Parteiverantwortlichen bestürzt sei, dürfe eben gerade nicht austreten, teilte sie besorgten Parteifreundinnen mit. „Wenn Passau eines deutlich gemacht hat, dann dass wir noch sehr gefordert sind, um die Partei zu erneuern.“

Es war Stoibers Schlusspunkt und es wäre damit auch das Ende der Prominenz Paulis. Wenn nicht wieder etwas Unerwartetes passieren würde. So wie eben ihre Ankündigung vom Montag. Praktisch kein führender CSU-Politiker will diese Frau, die ständig Wirbel verursacht, im Kabinett sehen. Trotzdem setzt sie alles auf eine Karte: „In den nächsten Monaten wird sicher etwas an mich herangetragen.“ Wieder ist es ein aufrechtes, unerwartetes Handeln. Irgendwie nachvollziehbar. Aber politisch verrückt: Es ist mehr als fraglich, ob die CSU Haltung und beherztes Auftreten genauso respektiert, wie es die Medien wochenlang begeistert hat. Der künftige Ministerpräsident Beckstein hat schon mal abgewunken. Die große Welt der CSU ist eine andere als die von Christiansen und eine andere als der Landkreis Fürth.