: Ein Gemisch aus Spüli und Cäsium
AKW In Brunsbüttel werden weitere verrostete Fässer mit Atommüll gefunden. Keine Strahlung ausgetreten. Schleswig-Holstein will bundesweite Prüfung der Zwischenlager und Pläne für Bergung
KIEL taz | Der Zustand der undichten Atommüllfässer unter dem stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel ist schlechter als erwartet. Eine Brühe aus Wasser, Spülmitteln und radioaktivem Cäsium 137 bildet laut Fotos einen schlierigen Belag auf dem Boden der Kaverne, die jetzt von einer Kamera untersucht wurde. Das erklärte gestern der Umweltminister von Schleswig-Holstein, Robert Habeck (Grüne) in Kiel. Nach den vorläufigen Ergebnissen tritt aus Dutzenden der insgesamt 631 Fässer mit schwach und mittelstark strahlendem Abfall in den insgesamt sechs Kavernen von Brunsbüttel Flüssigkeit aus.
Laut allen Messungen sei keine Strahlung in die Umwelt jenseits der mit Blei, Beton und Stahl gesicherten Keller gedrungen, dennoch „verbietet der Zustand jedes Warten“, sagte Habeck. Der Kraftwerkbetreiber Vattenfall sei nun in der Pflicht, „mit den besten Leuten und mit hohem Tempo“ die maroden Fässer zu bergen und zu sichern. Habeck forderte aber auch die anderen Bundesländer und den Bund auf, alle Zwischenlager zu prüfen: „Die Gesellschaft hat jahrelang systematisch die Gefahren unterschätzt. Aber schuldhaft wird es, wenn ein Problem bekannt ist und man nichts macht. An diesem Punkt sind wir jetzt.“
In Schleswig-Holstein waren die ersten Rostfässer in Brunsbüttel 2012 entdeckt worden. Der damals zuständige Minister Emil Schmalfuß (parteilos) forderte von Vattenfall ein Bergungskonzept und informierte das Bundesumweltministerium. Ähnliche Kavernen gibt es noch in Krümmel, Isar 1 und Philippsburg 1. Passiert ist wenig. Einzig Niedersachsen fand ein Rostfass im Zwischenlager Leese. „Es wurde geborgen und steht in einem sicheren Behälter“, sagt Inka Burow vom Umweltministerium in Hannover. Die Landesregierung sei am Thema dran. Denn es sei „nicht auszuschließen, dass in den kommenden Jahren weitere Altfässer korrodieren“, so Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). Geprüft wird zurzeit eine neue Halle für die Altfässer.
Auch in Schleswig-Holstein muss eine Zwischenlösung her. Denn die Behälter sollen in die Endlagerstätte Schacht Konrad gebracht werden. Die aber ist nicht fertig, und die Fässer sind nicht transportfähig. Bis Ende September soll Vattenfall Pläne für die Zwischenzeit vorlegen.
Der Schaden trat vermutlich auf, weil der giftige Müll zu feucht in die Stahlfässer gelegt wurde. Das Verfahren sei damals üblich gewesen, versicherten Vertreter der Atomaufsicht – es habe aber andere gegeben. Betreiber waren in den 80er Jahren die Hamburger Elektrizitätswerke (HWE). ESTHER GEISSLINGER