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Archiv-Artikel

Ein hysterisches Phänomen

Tatort Sankt Peter Kirche, Köln: Der Künstler Gerhard Trieb überzieht Dürer-Holzschnitt-Repros zur Apokalypse mit Wachs. Hausherr Friedhelm Mennekes lieh sich dazu ein paar Dürer-Originale aus

VON KATJA BEHRENS

Albrecht Dürers Holzschnitte zur Apokalypse sind bekannt. Sie entstanden zwischen 1496 und 1498. Fast alle neueren Bearbeitungen des Themas gründen auf diesen Bildfindungen. Der österreichische Künstler Gerhard Trieb (49), dessen Reihe „Dürervariationen“ jetzt zusammen mit einigen Originaldrucken in der Kunststation der Kölner Kirche Sankt Peter zu sehen sind, hat Reproduktionen der Holzschnitte in bilderstürmerischer Manier bearbeitet. Hat dazu die vielfigurigen Apokalypse-Visionen mit dicken Wachs-Schleiern überzogen und so die Bilder zurückzudrängen versucht.

Selbst auf den Rückseiten rührt und wischt der Künstler mit Stöckchen Muster in schwarze Ölfarbe. Die „verzweifelte Liebe“ dieses Besessenen, der für die Kunst sein ganzes bisheriges Leben hingegeben habe, hätte ihn beeindruckt, sagt Pater Friedhelm Mennekes, Initiator der Kunststation. Er hat für seine neueste Ausstellung „Apokalypsis“ neben den blassen Trieb-Werken auch originale Dürer-Drucke aus Köln, Aachen und Düsseldorf ausgeliehen – zumindest für vier Wochen. “Ikonoklasmus ist ein Thema, das mich immer viel beschäftigt hat“, sagt der Pater, der in den Wochen der Fastenzeit alle Bildwerke und Kreuze seiner Kirche mit Tüchern verhängt hat. Kunst, die sich selbst als Bild zu wichtig nähme, sei ihm erst einmal suspekt, denn sie sei ständig in Gefahr, zur Illustration von Inhalten zu werden.

Dass die Apokalypse ein „hysterisches Phänomen“ sei, eine Stimmung, in der sich Krisen oder Konflikte zu Weltuntergangsstimmung verlängern, welche sich dann zu einer eigenen Kultur verselbstständige, erzählt der Jesuit fast schmunzelnd. Um dann sofort die Bücher der Apokalypse in ihrer christlichen Variante bei Johannes als Trostbücher zu rehabilitieren.

Der Absprung aus der hysterischen Übersteigerung zu einem Hintersinn ermögliche es, die Melancholie als heilsame Krise zu erkennen. So zeige sie, die Melancholie, als Seele der Apokalypse auch Strukturelemente der Künstler, wecke nicht nur Überlebenskräfte, sondern auch kreatives Potential. Und damit hat der Pater schnell eine kluge Brücke geschlagen zu seinem eigenen Lebensthema: der Kunst.

Kunst-Station Sankt Peter, Köln Bis 1. April 2007 Infos: 0221-9213030