Gefährdung unterschätzt

AUFARBEITUNG Bezirksamtsleiter räumt im Fall Yagmur Fehler bei der Betreuung des Mädchens ein

„Wir waren nicht dicht genug an dem Mädchen dran“

ANDY GROTE, LEITER DES BEZIRKSAMTES MITTE

Der Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, Andy Grote, hat im Fall des gewaltsamen Todes der dreijährigen Yagmur Fehler seiner Behörde eingeräumt. „Wir waren nicht dicht genug an dem Mädchen dran, die Gefährdungssituation ist nicht richtig eingeschätzt worden“, sagte er am Donnerstag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft. Gleichzeitig verwies er auf viele Maßnahmen, die nach Yagmurs Tod umgesetzt worden seien, um derartige Fälle künftig zu vermeiden.

Obwohl Yagmur seit ihrer Geburt vom Jugendamt betreut worden war, starb sie am 18. Dezember 2013 an den Folgen eines Leberrisses. Ihre Mutter steht wegen Mordes vor Gericht, sie soll ihre Tochter aus Hass zu Tode misshandelt haben. Der Vater muss sich verantworten, weil er das Kind nicht geschützt haben soll. Vor Gericht haben sie bisher zu den Vorwürfen geschwiegen.

Die Mutter hat aber in einer WhatsApp-Nachricht an ihren Ehemann eingeräumt, dass sie das kleine Mädchen geschlagen hat. Ihr Partner habe geschrieben, dass sie sich wegen ihrer Gewalttätigkeit von einem Therapeuten helfen lassen müsse, sagte ein Kriminalbeamter am Donnerstag vorm Landgericht – sonst werde er sich an Polizei oder Jugendamt wenden. „Sag denen nicht, dass ich mein Kind schlage“, habe die Mutter geantwortet. Noch auf dem Weg zur Polizeiwache, direkt nach dem gewaltsamen Tod des Mädchens, habe sie den Chatverlauf gelöscht. Der Polizist hatte die Handy-Daten des Vaters ausgewertet.

Schon vor Yagmurs Tod soll ihr Vater mehreren Bekannten erzählt haben, dass seine Frau das Mädchen schlage. Ein Zeuge erklärte am Donnerstag vor dem Landgericht, der Angeklagte habe gesagt: „Meine Frau schlägt mein Kind, ich weiß nicht, was ich machen soll.“  (dpa)