: NSU-Fahndung in Thüringen „ein einziges Desaster“
TERROR Ausschuss sieht Komplettversagen der Behörden und entschuldigt sich bei Angehörigen
LEIPZIG afp | Scharfe Kritik an den Sicherheitsbehörden, eine Entschuldigung und immer noch offene Fragen: Nach zweieinhalb Jahren Arbeit hat der NSU-Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags in Erfurt seinen Abschlussbericht vorgelegt. Darin stellt er den Behörden ein vernichtendes Zeugnis für die Verfolgung der NSU-Terrorzelle aus. Die Fahndung nach dem untergetauchten Trio war aus Sicht der Parlamentarier „ein einziges Desaster“.
Landtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) entschuldigte sich bei den Angehörigen der Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). „Wir bitten Sie für die Verdächtigungen und für die lange Zeit fehlende Empathie um Verzeihung“, sagte Diezel bei der Übergabe des rund 1.800 Seiten umfassenden Abschlussberichts am Donnerstag. Der NSU soll bundesweit neun Migranten und eine Polizistin getötet haben. Ermittler hatten die rechtsextreme Motivation der Taten über Jahre hinweg nicht erkannt und zum Teil das Umfeld der Opfer verdächtigt.
In dem bereits vorab bekannt gewordenen Bericht äußerten die Abgeordneten heftige Kritik am Thüringer Verfassungsschutz, an der Polizei und der Staatsanwaltschaft und sprachen von einem „Fiasko“. Wichtige Informationen seien zurückgehalten, Spuren nicht verfolgt worden. Auch bei der Zusammenarbeit zwischen den Behörden habe es eklatante Mängel gegeben, wobei vor allem der Verfassungsschutz dabei den Schutz von „Quellen“ in der rechtsextremen Szene vorgeschoben habe.
Die Häufung falscher Entscheidungen lässt nach Ansicht des U-Ausschusses „den Verdacht gezielter Sabotage“ bei der Suche nach dem untergetauchten Trio zu. Zumindest mittelbar hätten die Sicherheitsbehörden zudem den Aufbau rechtsextremer Strukturen in Thüringen begünstigt. Als Beispiel nannte der Bericht den Umgang mit dem rechtsextremen V-Mann Tino Brandt, der übermäßig hohe Prämien erhalten habe und offenbar vor Ermittlungen gewarnt worden sei.
Die Vorsitzende des Ausschusses, Dorothea Marx (SPD), sagte, die Ergebnisse seien „schrecklich, aber das sind wir der Demokratie und den Opfern schuldig“. Marx sieht Thüringen „in besonderer Verantwortung und in besonderer Schuld“. Die SPD forderte einen Gedenkort für die NSU-Opfer in Thüringen.
Trotz mehr als 123 Zeugenanhörungen und 11.000 angeforderten Akten sieht der Thüringer Ausschuss noch ungeklärte Punkte. So habe er die Frage, ob die getötete Polizistin Michèle Kiesewetter ein Zufallsopfer des NSU war, nicht klären können.