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Archiv-Artikel

Der Aldi unter den Apotheken

Erstmals hat in Berlin eine Filiale der Versandapotheke DocMorris geöffnet. Der Andrang auf die günstigen Medikamente ist groß. Wie gehen alteingesessene Apotheken mit der Konkurrenz um?

VON ULRICH STERN

Die Schlange vor der Pankower Apotheke reicht bis auf den Bürgersteig. Vor allem Menschen über 60 stehen hier, viele davon ziemlich bleich und offenbar krank, warten geduldig, bis Bernd Stange sie bedient. Seine Apotheke ist klein, in blassem Weiß-Grün gehalten und spartanisch eingerichtet. Auf den wenigen schmalen Regalen stehen vor allem Bodylotions und Hautcremes.

Die rezeptfreien Pillen, die die meisten Kunden in oft großen Mengen wünschen, holen Stange und seine zwei Angestellten aus dem Hinterzimmer. Einen Katalog mit den neusten Rabatten gibt es obendrauf. Alles wirkt ein bisschen billig – aber das soll es ja auch sein.

„Ein Batzen Geld“

Bernd Stange leitet seit einer Woche in der Florastraße in Pankow das erste offizielle Partnergeschäft der niederländischen Versandapotheke DocMorris in Berlin. „Der Erfolg haut uns um“, sagt Stange, wenig bescheiden. Er hat seine bereits bestehende Apotheke in eine DocMorris-Partnerapotheke umgewandelt und gegen eine Lizenzgebühr, „einen ordentlichen Batzen Geld“, so Stange, das Recht an der Marke erworben.

Statt dem roten A ziert daher nun das grüne DocMorris-Kreuz den Eingang und die Kittel der MitarbeiterInnen. Und die rezeptfreien Tabletten und Tropfen bezieht er über DocMorris, der diese wiederum den Pharmakonzernen in großen Mengen abnimmt und günstiger, als eine einzelne kleine Apotheke es vermag. Darum sind die Pillen hier billiger.

„Das wirtschaftliche Konzept hat mich überzeugt“, sagt Stange, der die seit 1995 bestehende Vorgängerapotheke zuletzt ebenfalls geleitet hat. Nachteile für seine alteingesessene Kundschaft kann er nicht sehen. „Wir unterliegen den gleichen Gesetzen wie eine jede Apotheke. Wir haben ein Labor, und meine ausgebildeten MitarbeiterInnnen beraten jeden Kunden ausführlich und kompetent.“

Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ist es jedoch mit den Preisvorteilen vorbei – Dumpingangebote wie aus dem Internet hat Stange nicht zu bieten. Wer bei ihm für verschreibungspflichtige Medikamente die gleichen Preise wie aus dem Internet erwarte, werde enttäuscht, sagt er. Wer diese billiger haben möchte, muss weiterhin sein Rezept per Post an DocMorris schicken.

„Ich habe mich mit der Kritik an DocMorris auseinandergesetzt“, wirft der Geschäftsmann eilig zwischen zwei kurzen Kundengesprächen ein. Sprüche wie „Der Holländer verramscht die Medizin auf Kosten der Patienten“ seien da gekommen. „Zu Unrecht“, verteidigt sich Bernd Stange, der in seinem weiß-grünen Kittel Wert darauf legt, „eine ganz normale Apotheke“ zu betreiben. Seine kranken Kunden jedenfalls nehmen weite Wege auf sich, um von seinen Prozenten zu profitieren. „Die kommen aus ganz Berlin!“, wundert sich Filialleiterin Stefanie Schweizer.

Nebenan ist Flaute

Annette Rogalla, Pressesprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, zeigt sich von der Eröffnung der ersten DocMorris-Apotheke dagegen wenig beeindruckt. „Einkaufsgemeinschaften sind bei Apotheken nichts Neues und müssen zu keinem Qualitätsverlust führen“, so Rogalla.

Zwei Häuser neben Stanges Geschäft steht eine Apothekerin einsam und schlecht gelaunt hinter ihrem Tresen. Die Frau will nicht genannt werden und auch eigentlich nichts zu DocMorris sagen: „Kein Kommentar, auf Kollegen schmeiß ich keine Steine.“ Bei ihr indes können sich die Angestellten um die Kunden streiten.