press-schlag : Belebung auf dem Markt des Mangels
Mönchengladbachs Präsident Rolf Königs hat sich mit Christian Ziege für die intelligentere Alternative entschieden. Stefan Effenberg bleibt außen vor
Rolf Königs, der Präsident, hat keine Ahnung von Fußball, war eine gerne formulierte Antwort, wenn nach den Ursachen für die andauernde Misere bei Borussia Mönchengladbach gefragt wurde. Ein Befund, der durchaus ein Stück Wahrheit enthält, manchmal jedoch tut eine etwas distanziertere Haltung auch gut. Nachdem Peter Pander, der Sportdirektor, am Dienstag seinen Rücktritt angeboten hat, wurde der in Florida weilende Stefan Effenberg ganz aufgeregt. Er rief bei Königs an, um ihm „sofortige Hilfe“ anzubieten, Effenberg wollte den Job unbedingt haben. Doch Rolf Königs wollte davon gar nichts wissen.
In der Bundesliga, diesem Becken der alten Seilschaften und Klüngeleien, hätte der mitunter steinzeitlich denkende Effenberg („Arsch aufreißen, Gras fressen“) beste Aussichten gehabt, wenn er einen alten Weggefährten auf dem Gladbacher Präsidentenstuhl angetroffen hätte. Der Textilunternehmer Königs aber fand einen, der sich zwar nicht beworben hat, der dafür aber in die Klinsmann/Löw-Line passt: Christian Ziege. Vielleicht war das ein genialer Coup des Präsidenten. Er hat sich für die eloquentere, die besonnene und – mit Verlaub – intelligentere Alternative entscheiden.
Der 35-jährige Ziege war am Ende seiner internationalen Karriere bis 2005 Profi bei der Borussia, 2006 wurde er U-17-Trainer und ist im Gegensatz zu Pander äußerst beliebt. In der Mannschaft, im Vorstand und im Umfeld. Der unmittelbare Effekt der Personalie ist daher eine deutliche Aufhellung der Stimmung vor dem wichtigen Spiel gegen Hertha BSC Berlin am heutigen Samstag, obgleich auch Ziege die Zweifel an der Qualität der teuren wie erfolglosen Mannschaft nicht ausräumen wird.
„Viel zuhören und Gespräche führen“ müsse man nun, verkündet der Sportdirektor. Er könne „gut beobachten“, sagt der 72-fache Nationalspieler, Routine in Vertragsverhandlungen und Kenntnisse auf dem internationalen Spielermarkt muss er sich dagegen erst noch aneignen.
Nach seiner langen internationalen Karriere verfügt Ziege über recht gute Kontakte, und er kennt die Strömungen in der Mannschaft. „Ich habe ja mit einigen der Spieler noch zusammengespielt“, sagt er. Sollte er ein Auge für Spieler und ein Händchen für die menschliche Zusammenstellung eines Kaders haben, könnte Königs’ überraschende Idee zu einem Wendepunkt werden. In jedem Fall wird hier nun ein neuer Sportdirektor ausgebildet, ein neues Gesicht auf einem Markt des Mangels. DANIEL THEWELEIT