: Streit um Kongos Uranindustrie
Verhaftung des Chefs von Kongos Atombehörde verweist auf Machtkampf zwischen Briten und Südafrikanern über Ausbeutung der Uranvorkommen des instabilen Landes
BERLIN taz ■ Die Machtkämpfe im Bergbau der Demokratischen Republik Kongo weiten sich aus. Nach der versuchten Absetzung des Leiters des größten staatlichen Bergbaukonzerns Gécamines, dem die riesigen Kupfer- und Kobaltreviere in der Südprovinz Katanga gehören, letzte Woche geht es jetzt um die Kontrolle der Uranindustrie, wohl der strategisch heikelste Sektor der konfliktreichen Mineralienwirtschaft des Landes. Der Chef der kongolesischen Atomenergiebehörde (CGEA), Professor Fortunat Lumu, und sein Stellvertreter wurden am Montag in der Hauptstadt Kinshasa festgenommen und des organisierten Schmuggels von Uran beschuldigt. Wie kongolesische Zeitungen berichten, wurde inzwischen Haftbefehle gegen die beiden erlassen.
Den Beschuldigten wird das Verschwinden radioaktiver Brennstäbe aus dem maroden Gelände des Forschungsreaktors an der Uni von Kinshasa vorgeworfen, dessen katastrophaler Zustand regelmäßig die Internationale Atomenergiebehörde beunruhigt. Außerdem geht es um Verträge, die die Atombehörde im Oktober 2006 mit der britischen Bergbaufirma Brinkley Mining schloss und die dieser die Exklusivrechte an Kongos Uranvorkommen übertrugen. Kongos Wissenschaftsminister Sylvanus Mushi erklärte, Lumu habe ein „kriminelles Netzwerk“ aufgebaut, das „illegale“ Verträge zur Uranausfuhr geschlossen hätte, „um Zugriff auf radioaktives Material zu bekommen“. Die für den Brinkley-Vertrag verantwortlichen früheren Bergbau- und Wissenschaftsminister Ingele Ifoto und Gerard Kamanda wa Kamanda sollen ebenfalls von der Polizei verhört werden.
Will also Kongos neue Regierung, die im Februar die Allparteienregierung der Warlords ablöste, den Atomvertrag mit den Briten kündigen? Dieser galt bislang als Möglichkeit, Schmuggel radioaktiven Materials aus Kongo einzudämmen. Die Uranmine Shinkolobwe im Gécamines-Revier in Katanga, Ursprungsort des Urans der Hiroshima-Atombombe, wird seit Jahren trotz ihrer offiziellen Stilllegung von Schürfern ausgebeutet, die die radioaktiven Erze unter höchster Gefährdung der eigenen Gesundheit ausgraben und unter Aufsicht korrupter Militärs an meist asiatische Händler verkaufen. Im Sommer 2006 hatten britische Medien berichtet, Uran aus Shinkolobwe sei über Tansania nach Iran gelangt.
Brinkley Africa hoffte nun, mit seinem Vertrag Shinkolobwe zu übernehmen. Die Atombehörde in Kinshasa habe ihr zugesagt, dass sie von der neuen Regierung die nötigen Lizenzen bekommen werde, heißt es in einer Presseerklärung von Brinkley. Zugleich habe man mit der Atombehörde eine Firma zur Exportkontrolle für Uran gegründet. Die neue Regierung von Premierminister Antoine Gizenga will das nun offenbar nicht weiterführen. Für Shinkolobwe interessiert sich stattdessen der südafrikanische Uranförderer Uramin, bereits Großinvestitionen in Namibia. Man habe mit Kongos neuer Regierung Gespräche über Shinkolobwe geführt, sagte Uramin-Chef Sam Jonah. Die Südafrikaner haben gute Karten. Jonah leitete früher den ghanaischen Goldfördermulti Ashanti Goldfields, der seit seiner Übernahme durch Südafrikaner 2004 AngloGold Ashanti heißt; er erwarb Kongos größte Goldminen im Nordosten des Landes, in Partnerschaft mit dem kongolesischen Staatsbetrieb Okimo. Dessen bisheriger Chef Victor Kasongo ist jetzt Kongos neuer Regierung Bergbauminister.
Der Vertrag mit den Briten von Brinkley hat den Schwachpunkt, dass er geschlossen wurde, während offiziell ein Moratorium auf neue Partnerschaftsverträge in Kongos Bergbau galt. Dies hatte der Internationale Währungsfonds im Juni 2006 zur Korruptionsbekämpfung erzwungen. Das Moratorium wurde danach allerdings mehrfach gebrochen – unter anderem mit Brinkley – was die Weltbank mehrfach kritisierte. Seit Donnerstag ist Weltbankchef Paul Wolfowitz in Kinshasa, und seit voriger Woche verhandelt der IWF mit Kongos neuer Regierung über ein neues Kooperationsabkommen. Gécamines-Chef Paul Fortin hat klargestellt, letztlich liege eine Entscheidung über die Zukunft der Uranminen bei Kongos Präsident Joseph Kabila.
DOMINIC JOHNSON